Hertha Hurnaus: Was bleibt
Sigmund Freuds Ordination in einer limitierten Fotoserie
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Was bleibt vom weltberühmten Ursprungsort der Psychoanalyse, den Freud auf der Flucht verlassen musste - hier, in der Wiener Berggasse 19, wo er seine Patient:innen jahrzehntelang auf der Couch behandelte, bahnbrechende Theorien entwickelte und damit das Selbstbild des Menschen revolutionierte?
Ein atmosphärisch aufgeladener Ort voller Geschichte(n), den die renommierte Architekturfotografin Hertha Hurnaus während der Sanierung des Hauses 2020 festhielt. Einzigartig bot sich ihr Freuds Ordination dar, wie sie noch nie zuvor zu sehen war: In einer unverstellten, intimen Atmosphäre und im Wechselspiel von Licht und Schatten treten die Spuren einer bewegten Vergangenheit deutlich zu Tage. Die hochqualitative Fotoserie, herausgegeben vom Sigmund Freud Museum, erscheint in einer kleinen Auflage von nur 30 Stück und eröffnet einen exklusiven Rundgang durch das Herzstück der Berggasse 19.
1938 konnte Edmund Engelman Freuds Ordination fotografisch dokumentieren, ehe die Möbel verpackt und nach London verschickt wurden. 2020 bot sich nun Hertha Hurnaus die Möglichkeit, einen weiteren Wendepunkt in der Geschichte des Hauses festzuhalten. Dabei gehen ihre Aufnahmen über den Moment hinaus: Subtil veranschaulichen sie „was bleibt“.
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Gerne zeigen wir Ihnen die Fotoedition auch bei einem persönlichen Besichtigungstermin - Anmeldung unter office@freud-museum.at.
Monika Pessler, Direktorin des Sigmund Freud Museums, über die Edition:
Ein Rundgang mit Hertha Hurnaus durch die leeren Räume der Berggasse 19 im Frühjahr 2020 folgte der Absicht, Sigmund Freuds ehemalige Wirkungsstätte in ihrem Sosein zu dokumentieren. Der Umbau des Museums war erst kürzlich abgeschlossen worden, seine Einrichtung noch nicht begonnen. Zu diesem Zeitpunkt präsentierte sich der Ort beinahe jungfräulich, wären da nicht die Spuren der Vergangenheit gewesen, freigelegte Wandschichten und abgenutzte, nur hinlänglich renovierte Türen und Fenster. In einem intensiven Abtausch von Worten und Gesten, auch im schweigenden Durchwandern wurde überlegt, ob es trotz der Leere oder vielleicht gerade deshalb möglich sei, das hier latent Vorhandene, ephemer Schwebende ins Bild zu setzen – den Genius Loci des Ursprungsorts der Psychoanalyse.
Als Architekturfotografin richtet Hertha Hurnaus ihren Fokus vornehmlich auf die Charakteristika von Orten und Räumen. So gerät auch die Aufnahme jener Wand zu einer verdichteten Erzählung, an der bis zu Freuds Flucht vor den Nazis 1938 die berühmt gewordene Couch des Analytikers stand: In der Fotografie fügen sich die klar umrissenen Flächen des Bodens, der Wände und ihrer Aussparungen zu einer Geometrie, deren abstrakte Zeichenhaftigkeit die Anwesenheit des Abwesenden unterstreicht. Der Bildwerdung in Träumen nicht unähnlich, die ebenso von „Verdichtungen“ und „Verschiebungen“ geprägt sind, fügen Licht und Schatten hier weitere Nuancen hinzu, die wie in Überblendung Aspekte hervorheben und gleichermaßen verunklären.
Neben der abwesenden Couch finden sich in der aktuellen Bildauswahl auch jene Türen wieder, die in bzw. aus Freuds Behandlungsraum führen. In dieser Aufnahme werden zwei eng aneinandergrenzende Türöffnungen gezeigt. Die eine ermöglichte einst den Zugang zum analytischen Setting, durch die andere, eine kleine Tapetentür, konnte Freuds Praxis diskret verlassen werden. Wie in Mehrfachbelichtungen erscheint das Sujet hintereinandergeschaltet, in seiner betont vertikalen Ausrichtung zergliedert es den Ort.
Dabei gewinnen die verbleibenden Zwischenräume an Bedeutung, im Besonderen die engen und zurückgesetzten.
Der so evozierte Eindruck des Sich-Verbergenden kann sinnbildlich durchaus mit jenen Geheimissen konkurrieren, die früher in der Intimität dieses Raums offenbart wurden. Im Abbild der historischen Garderobe eröffnet ein schmales Band angeschnittener Türlaibungen im linken Bildausschnitt die Möglichkeit des Ein- oder Ausstiegs. Repräsentieren die originalen Messinghaken bis heute nahezu unverändert den Geschmack des Wiener Bürgertums, so sind an der fragilen Bespannung aus Bast die Spuren der Zeit deutlich ablesbar.
Hertha Hurnaus geht der Ursprünglichkeit von Orten und ihren Bedeutungszuschreibungen konzentriert „auf den Grund“. Von der Vorstellung verführt, in den Räumen sei deren Geschichte und Genese gespeichert, wird die Sichtbarmachung der Atmosphäre zum Hauptanliegen. Dabei bleibt die Aufmerksamkeit der Fotografin auf die strukturgebundene Wechselwirkung von Helligkeit und Dunkel gerichtet: Denn das Licht, das im steten Wandel das Wesen der Architektur zu modulieren und zu beschreiben vermag, ist dort immer schon gewesen – ist das, was bleibt.
Objektbezeichnungen
Hertha Hurnaus, Garderobe
Sigmund Freud Museum Wien 2020
40 cm x 26,7 cm
nummerierte Aufl.: 30 Stk. + 3 AP*
signiert und datiert
Hertha Hurnaus, Türen
Sigmund Freud Museum Wien 2020
40 cm x 26,7 cm
nummerierte Aufl.: 30 Stk. + 3 AP*
signiert und datiert
Hertha Hurnaus, Behandlungszimmer
Sigmund Freud Museum Wien 2020
26,7 cm x 40 cm
nummerierte Aufl.: 30 Stk. + 3 AP*
signiert und datiert
*Artist proof