Computer und Menschlichkeit

Stanley Kubricks mittlerweile zum Klassiker avancierter Film 2001: Odyssee im Weltraum (1968) präsentiert eine Fantasie über zukünftige technologische Entwicklungen und deren Nutzen für die Welt: Raumfahrt, Videokonferenzen und ein Computer, der all das beherrscht, was wir heute künstliche Intelligenz nennen.

HAL, der Computer und Protagonist, wird im Laufe des Films immer intelligenter und entwickelt am Ende eine Reihe von Gefühlen, die von Eifersucht bis hin zu Freude reichen. Der Science-Fiction-Film hinterließ bei vielen Zuschauer:innen ein Gefühl der Beklemmung, konnten sie doch verfolgen, wie ein Computer so menschlich wurde, dass er für die Bewohner:innen des Raumschiffs zur Bedrohung wurde. Menschlich zu werden bedeutete, begehrlich, machthungrig, gierig und sadistisch zu werden.

57 Jahre nach dem Filmstart von Odyssee im Weltraum sind viele seiner Fantasien Wirklichkeit geworden: Videotelefonie ist heute allgegenwärtig, die Raumfahrt steht kurz davor, einem größeren Teil der Bevölkerung zugänglich zu werden, und die Computertechnologien sind so weit fortgeschritten, wie es sich die Drehbuchautoren des Films nie hätten vorstellen können.

Aber die Filmemacher lagen in einem entscheidenden Punkt falsch: Computer haben keine Gefühle entwickelt – weder gute noch schlechte –, noch sind sie menschlicher geworden. Stattdessen sind es die Menschen, die, so scheint es, ihre Gefühle verloren haben und computerähnlich geworden sind. Von klein auf kleben Kinder an Bildschirmen, und Erwachsene nutzen die Algorithmen ihrer Telefone, um einzukaufen, Essen zu bestellen, Verabredungen zu vereinbaren und Menschen kennenzulernen. Nach und nach verlieren die Menschen an Ausdruckskraft, da immer mehr Stunden damit verbracht werden, ihr Leben von Computern organisieren zu lassen.

Wenn wir uns den Film heute ansehen, wirkt HAL, der Computer von 1968, seltsam menschlich: Er ist ausdrucksstark, leidenschaftlich und stimmgewaltig ... ganz anders als viele Menschen im Jahr 2025. HAL wurde so menschlich, dass er das Raumschiff übernehmen wollte. Was werden die Menschen des 21. Jahrhunderts tun, wenn sie zu computerähnlich werden?

Rubén Gallo ist Walter S. Carpenter Jr. Professor für Lateinamerikanische Literatur an der Princeton University, wo er seit 2002 lehrt. Er ist Autor zahlreicher Bücher über die Kultur des zwanzigsten Jahrhunderts, darunter Mexican Modernity: The Avant-Garde and the Cultural Revolution (2006, MIT Press, Gewinner des Katherine Singer Kovacs Prize der MLA), Freud's Mexico: Into the Wilds of Psychoanalysis (2010, MIT, Gewinner des Gradiva-Preises), Proust's Latin Americans (2014, Hopkins). Er ist auch Romanautor und hat zwei Bücher über Kuba veröffentlicht: Teoría y práctica de la Habana (2017) und Muerte en La Habana (2021). Seine Werke wurden ins Französische, Spanische, Italienische, Japanische und Chinesische übersetzt. 2020 wurde er in den Vorstand der American Academy of Arts and Sciences gewählt.