Organisierte Flucht – Weiterleben im Exil. Wiener Psychoanalyse 1938 und danach

Wien, März 1938. Mit dem „Anschluss“ Österreichs an das nationalsozialistische Deutschland gehen massive Repressalien und gezielte Angriffe auf Existenz und Eigentum jüdischer Bürger:innen einher. Die erste Fluchtwelle wird durch die Schließung der Grenzen rasch gestoppt. Die Ausreise ist nur unter restriktiven Bedingungen möglich: Verordnungen wie „Judenvermögensabgabe“ und „Reichsfluchtsteuer“ legitimieren von nun an den Raub des Vermögens jener, die es sich leisten können zu fliehen.

38 in Wien lebende Mitglieder sowie rund 30 Kandidat:innen der Wiener Psychoanalytischen Vereinigung (WPV) sind von der antisemitischen „reichsdeutschen“ Gesetzgebung betroffen. Sie alle müssen Wien verlassen, um ihr Leben zu retten. Dank des umfassenden Engagements, das die internationalen psychoanalytischen Kolleg:innen in London, Paris und New York, aber auch in Wien selbst, an den Tag legen – gelingt die Flucht. In enger Rücksprache mit Anna Freud orchestriert insbesondere der britische Psychoanalytiker Ernest Jones von London aus die durchdacht und engmaschig angelegte Rettungsaktion. Die Bandbreite der Unterstützungsmaßnahmen ist groß: Wohnungen zum Unterschlupf werden zur Verfügung gestellt, Bürgschaften aufgestellt, Wertgegenstände ins Ausland gebracht, Visa organisiert, Gelder gesammelt.

Bis zum Frühjahr 1939 haben alle bedrohten Wiener Psychoanalytiker:innen und Kandidat:innen Wien verlassen. Überwiegend finden sie Aufnahme in den USA. Auch das (berufliche) Weiterleben im Exil wird sorgfältig geplant: Wie viele zusätzliche Psychoanalytiker:innen verträgt London, wie viele eine Stadt wie Manchester? Was müssen die Wiener Kolleg:innen für die Ausübung der Psychoanalyse in den Staaten wissen, wo sind Laienanalytiker:innen (ohne medizinischen Abschluss) zugelassen? Tatsächlich gelingt es im Exil vielen, ihre berufliche Erfüllung zu finden und mitunter auch Karriere zu machen.

Anhand ausgewählter Biografien sowie zahlreicher Bild- und Schriftdokumente wird hier die einzigartige Geschichte der kollektiven Flucht der Wiener Psychoanalytiker:innen geschildert. Den Ausgangs- und Angelpunkt der Präsentation bildet eine 20-seitige Liste, die Ernest Jones gemeinsam mit Anna Freud führte, um den jeweiligen Status der Flüchtenden zentral erfassen und bearbeiten zu können.

 

Die Ausstellung wurde kuratiert von:

Daniela Finzi und Monika Pessler (Sigmund Freud Museum) in Kooperation mit der Arbeitsgruppe zur Geschichte der Psychoanalyse: Thomas Aichhorn, Georg Augusta, Eva Kohout, Roman Krivanek, Nadja Pakesch, Alix Paulus und Katharina Seifert (WPV und WAP)

 

Unterstützt von:

Stadt Wien – MA 7

Nationalfonds der Republik Österreich für Opfer des Nationalsozialismus

Botstiber Institute for Austrian-American Studies

Zukunftsfonds der Republik Österreich

Wiener Psychoanalytische Vereinigung

Wiener Arbeitskreis für Psychoanalyse

International Psychoanalytical Association

August Ruhs

Freund:innen des Sigmund Freud Museums

American Friends of the Sigmund Freud Museum

 

Leihgeber:innen:

Archiv Thomas Aichhorn

Esther Freud

 

Dokumente zur Verfügung gestellt durch:

Austen Riggs Center

Boston Psychoanalytic Society and Institute Archives

Archives of the British Psychoanalytical Society

Columbia University Libraries

Freud Museum London

KHM Museumsverband

Library of Congress, Washington D.C.

The National Archives, Kew

New York Psychoanalytic Society and Institute

The Statue of Liberty-Ellis Island Foundation, Inc.

The U.S. National Archives and Records Administration

Wiener Psychoanalytische Vereinigung

Wiener Stadt- und Landesarchiv

 

 

Die Wiener Psychoanalytische Vereinigung und ihr Vorstandsbeschluss vom 13. März 1938

Bereits 1908 formiert sich die Wiener Psychoanalytische Vereinigung (WPV) als erste psychoanalytische Organisation der Welt. 1910 erfolgt die offizielle Vereinsgründung. Von Anfang an zieht die WPV aufgrund des kulturkritischen Denkens der Psychoanalyse Sozialdemokrat:innen und andere Personen aus dem linken politischen Spektrum an.


Mit dem Einmarsch der deutschen Truppen in Österreich am 12. März 1938 scheint die WPV unausweichlich vor ihrem vorläufigen Ende zu stehen. Hier in der Berggasse, im Wartezimmer, wird am 13. März eine Vorstandssitzung der WPV unter der Leitung von Anna Freud einberufen. Zwei Beschlüsse werden gefasst und anschließend Sigmund Freud mitgeteilt. 1) Alle Mitglieder sollen ehestmöglich das Land verlassen und 2) der Sitz der Wiener Vereinigung soll an den künftigen Wohnort Freuds verlegt werden.


Die politischen Ereignisse treffen die Wiener:innen nicht ohne vorherige Warnsignale. Nach Hitlers Ernennung zum »Reichskanzler« im Jänner 1933 sind viele der in Deutschland ansässigen Psychoanalytiker:innen gezwungen, das Land zu verlassen. Bereits mit der im März 1933 einsetzenden Ausschaltung des Parlamentes in Österreich und der Etablierung des autoritären austrofaschistischen Regimes war es für die sozialistisch orientierten Psychoanalytiker:innen wie Siegfried Bernfeld, Josef Karl Friedjung, Helene und Felix Deutsch oder Edith Buxbaum nicht mehr möglich, in Wien zu bleiben.

„Als Freud Platz genommen hatte, teilte Anna ihm den Entschluss der Mitglieder zu emigrieren mit. Freud sagte darauf: ‚Nach der Zerstörung des Tempels von Jerusalem durch den Kaiser Titus richtete Rabbi Jochanan ben Sakkai ein Gesuch an den Kaiser um die Erlaubnis, in Jabneh eine Schule für das Studium der Torah zu eröffnen. Wir werden das gleiche tun. Wir sind an Verfolgung gewöhnt, durch Geschichte, Tradition und einige von uns durch persönliches Erlebnis ….“

Richard F. Sterba, 1982

Richard Sterba

Richard Sterba wird am 6. Mai 1898 in Wien in eine katholische Familie geboren. Noch vor der Matura (Abitur) wird er zum Kriegsdienst eingezogen. Anschließend studiert
er Medizin und promoviert 1923 an der Universität Wien. 1924 beginnt er seine Lehranalyse bei Eduard Hitschmann, 1926 heiratet er Editha von Radanovicz-Hartmann, die später ebenfalls Psychoanalytikerin wird. Ab 1928 ordentliches Mitglied der WPV, arbeitet er ab 1929 als Lehranalytiker.


Nach dem »Anschluss« sind nur fünf WPV-Mitglieder nicht von den »Nürnberger Rassengesetzen« betroffen. Um nicht als einziger Mediziner und Nicht-Jude mit einer offiziellen Funktion – die ihm eine Emigration sehr erschwert hätte – betraut zu werden, reist Sterba mit seiner Familie bereits am 16. März 1938 in die Schweiz aus. Die Beschaffung von Visa für die Vereinigten Staaten erweist sich als schwierig: Die in Budapest geborene Editha gilt für die amerikanischen Behörden als Ungarin, die Quote für Visa aus Ungarn ist indes bereits erfüllt. Im Juni 1938 reist Sterba nach London, um Ernest Jones um Unterstützung zu bitten. Jones und Anna Freud raten ihm zur Emigration nach Johannesburg; die südafrikanischen Behörden verweigern jedoch die Aufnahme. Schließlich kann Sterba auf Vermittlung einer ehemaligen Patientin
ein »affidavit of support« für seine Frau erlangen und so doch noch in die USA emigrieren. Am 2. Februar 1939 reisen die Sterbas mit ihren beiden Töchtern Monika (5 Jahre) und Verena (2 Jahre) mit dem Dampfschiff Normandie ein und lassen sich in Detroit nieder.


1940 gründet Richard Sterba die Detroit Psychoanalytic Society, der er von 1946 bis 1952 vorsteht. Er richtet sie ganz im Sinne der Freud’schen Psychoanalyse – sowie als »one-man-institute «, so die Kritik seiner Detroiter Kolleg:innen – aus. Die internen Spannungen eskalieren bis hin zur Auflösung der Gesellschaft 1953. Richard und Editha Sterba verlieren daraufhin ihre Lehrbefugnis. Als 1957 die analytische Ausbildung in Detroit unter der Leitung der New York Psychoanalytic Society und unter Beteilung ehemaliger WPV-Mitglieder wieder eingerichtet wird, sind die Sterbas nicht beteiligt. Weiterhin lehrt Sterba als Professor für Psychiatrie an der Wayne State University in Detroit.


Am 24. Oktober 1989 stirbt Sterba, bis ins hohe Alter hinein als Psychoanalytiker tätig geblieben, in Grosse Pointe, einem Vorort von Detroit.

Meldezettel

Meldezettel von Richard Sterba, „Nervenarzt“, mit Einträgen zu seiner Frau Editha und den Töchtern Monika und Verena. Die offizielle Abmeldung ist erst am 11. November 1939 erfolgt, darunter ist vermerkt: „Ausreise nach dem Umbruch in die Schweiz“. Wiener Stadt- und Landesarchiv

Typoskript

Auszug aus Richard Sterbas dreiseitigem Typoskript „When we have lost someone" mit handschriftlichen Korrekturen (Faksimile). Darin schildert er seine letzte Begegnung mit Sigmund Freud im Rahmen der Vorstandssitzung vom 13. März 1938 und dessen Worte: „Then he said, just before he left us: ‘Hold fast to the truth.’”

Die Schiffsmanifeste von Ellis Island

Jedes Manifest besteht aus zwei Seiten mit insgesamt 37 Feldern für verschiedenste Angaben. Die linke Seite enthält zentrale Daten wie Namen, Alter, Geschlecht, Familienstand (Felder 1-6) oder Geburtsort (Feld 11) und letzter Aufenthaltsort (Feld 15), aber auch Auskünfte über Lese-, Sprach- und Schreibkenntnisse (Feld 8). Die rechte Seite enthält tiefergehende Informationen über die Einreisenden: Neben der geplanten Aufenthaltsdauer (Feld 24) und Zieldestination musste der/die nächste Verwandte oder Freund:in im Herkunftsland angegeben werden (Feld 17-18), wer für die Überfahrt bezahlt halt und ob die einreisende Person 50 $ oder weniger besitzt (Felder 20-21). Auch wurde die Einstellung zu Anarchie und Polygamie abgefragt, etwaige Pläne, die Regierung zu stürzen mussten ebenfalls angegeben werden (Felder 26-28). Weiters wurden Größe, Gewicht, Haut- und Haarfarbe sowie der körperliche und mentale Gesundheitszustand (Feld 32-36) vermerkt. Quelle: The Statue of Liberty – Ellis Island Foundation

Briefe und Listen: Ernest Jones und Anna Freud

Ab 1933 korrespondieren Anna Freud und ihr britischer Kollege Ernest Jones über die bestmögliche Hilfestellung für im »Deutschen Reich« bedrohte Psychoanalytiker:innen. Jones, zum damaligen Zeitpunkt Präsident der British Psychoanalytic Society (BPS) sowie ab 1934 der Internationalen Psychoanalytischen Vereinigung (IPV), verfügt über beste Kontakte zu den verschiedenen Botschaften in London und zum britischen Innen- und Außenministerium. Er beobachtet die Ereignisse in Deutschland und Österreich, in Paris, Italien, Südafrika und in den USA.


Mit dem »Anschluss« Österreichs wird der Fokus auf die Rettung der WPV-Mitglieder gelegt. Anna Freud hält Jones über die Dokumentenlage, Finanzielles und berufliche Qualifikationen der einzelnen Kolleg:innen auf dem Laufenden. Jones wiederum organisiert finanzielle Unterstützung sowie Arbeitsstellen samt der dazu nötigen (länderspezifischen) Bewilligungen.


Insbesondere die 20-seitige Liste aus dem Archiv der BPS vermittelt einen Eindruck von den unermüdlichen Bemühungen von Ernest Jones und Anna Freud, die bedrohten Kolleg:innen zu retten. Das Schriftstück enthält 90 Namen von WPV-Mitgliedern und Kandidat:innen, die 1938 vorwiegend in Wien leben, manche von ihnen auch außerhalb Österreichs, sowie weitreichende Informationen hinsichtlich Visa, Finanzen, Adressen etc.

„Unsere heutige Zusammenkunft steht unter dem Eindruck eines neuerlichen fürchterlichen Schlages, den die Psychoanalyse erlitten hat, das ist die Auflösung der Wiener Psychoanalytischen Vereinigung. … Dass von allen Stätten der Welt gerade in Wien keine Psychoanalyse mehr betrieben werden soll, ist ein Gedanke, der einem den Atem raubt.“

Ernest Jones, 1.8.1938

Eine weitere Liste aus dem Londoner Archiv listet die Namen von insgesamt 38 in Wien lebenden WPV-Mitgliedern sowie einigen weiteren Personen. Handschriftliche Ergänzungen neben den Namen betreffen insbesondere medizinische Spezialisierungen. Quelle: The British Psychoanalytical Society Archive, London

Otto Isakower

Otto Isakower kommt am 2. Juni 1899 als Sohn einer Wiener jüdischen Familie zur Welt. Nach Abschluss des Medizinstudiums 1923 arbeitet er am Allgemeinen Krankenhaus in Wien und lässt sich zum Psychiater ausbilden. 1925 beginnt er eine Lehranalyse bei Paul Federn und wird außerordentliches Mitglied der WPV, 1928 dann ordentliches Mitglied.


Im Frühjahr 1938 heiratet er die Psychoanalytikerin Salomea Gutmann – damit benötigen die beiden WPV-Mitglieder nur noch ein Bürgschaftsdokument anstatt zwei. Im Briefwechsel zwischen Anna Freud und Ernest Jones, der 220 Briefe rund um die Emigration und die beruflichen Perspektiven der WPV-Mitglieder umfasst, kommt diese Thematik zum Ausdruck: »2 Analytiker halten sich doch leichter irgendwo als einer. Hattest du an eine bestimmte Stadt für ihn gedacht? Käme eventuell für diese beiden
Liverpool in Betracht?«, so Anna Freud an Jones am 28. April 1938. Brieflich bittet Isakower im Mai 1938 Ernest Jones um Hilfe bei seinem Antrag an das britische Innenministerium um Zulassung als Mediziner in Großbritannien. Jones stellt auch einen Kredit von 200 Pfund für die Begleichung damit einhergehender Kosten auf.


Ende Juni 1938 kann das Ehepaar nach Großbritannien ausreisen. Otto und Salomea lassen sich in Liverpool nieder und werden Mitglieder der British Psychoanalytic Society (BPS). Gemeinsam mit zwei weiteren aus Budapest und Berlin emigrierten Analytikern leiten sie eine psychoanalytische Arbeitsgruppe, die im März 1940 vom Lehrausschuss der BPS als »North of England«-Ausbildungsgruppe anerkannt wird. Die berufliche Situation bleibt jedoch herausfordernd, die Gefahr einer Internierung als »enemy aliens« für Emigrant:innen aus Deutschland und Österreich virulent. Die Isakowers entscheiden daher, sich in den Vereinigten Staaten niederzulassen. Nach einer ersten Einreise Isakowers am 1. November 1938 kommen die Eheleute am 4. Mai 1940 in New York an und werden in der Folge Mitglieder der New York Psychoanalytic Society. In den 1950er- und 1960er-Jahren ist Isakower in zentralen Funktionen tätig. Auch nach der Emigration gilt sein wissenschaftliches Interesse dem Traum und der Traumarbeit; das nach ihm benannte »Isakower-Phänomen« beschreibt regressive Empfindungen beim Einschlafen.


Bis kurz vor seinem Tod am 10. Mai 1972 in New York bleibt Otto Isakower beruflich aktiv.

Die Schiffsmanifeste von Ellis Island

Jedes Manifest besteht aus zwei Seiten mit insgesamt 37 Feldern für verschiedenste Angaben. Die linke Seite enthält zentrale Daten wie Namen, Alter, Geschlecht, Familienstand (Felder 1-6) oder Geburtsort (Feld 11) und letzter Aufenthaltsort (Feld 15), aber auch Auskünfte über Lese-, Sprach- und Schreibkenntnisse (Feld 8). Die rechte Seite enthält tiefergehende Informationen über die Einreisenden: Neben der geplanten Aufenthaltsdauer (Feld 24) und Zieldestination musste der/die nächste Verwandte oder Freund:in im Herkunftsland angegeben werden (Feld 17-18), wer für die Überfahrt bezahlt halt und ob die einreisende Person 50 $ oder weniger besitzt (Felder 20-21). Auch wurde die Einstellung zu Anarchie und Polygamie abgefragt, etwaige Pläne, die Regierung zu stürzen mussten ebenfalls angegeben werden (Felder 26-28). Weiters wurden Größe, Gewicht, Haut- und Haarfarbe sowie der körperliche und mentale Gesundheitszustand (Feld 32-36) vermerkt. Quelle: The Statue of Liberty – Ellis Island Foundation

Psychoanalyse in Wien nach dem „Anschluss“

Nach dem »Anschluss« ist die Entwicklung der Wiener Psychoanalyse eng mit der Geschichte der Deutschen Psychoanalytischen Gesellschaft (DPG), die seit 1933 einen Prozess der »Arisierung« durchläuft, verknüpft. 1936 wird die DPG in das »Deutsche Institut für Psychologie und Psychotherapie e.V.« unter dem Vorsitz von Matthias H. Göring, einem Vetter von Hermann Göring, eingegliedert. Im März 1938 wird die »Arbeitsgemeinschaft Wien des Deutschen Instituts« gegründet. Geleitet wird sie von dem Wiener Psychotherapeuten und NSDAP-Mitglied Heinrich von Kogerer, einem entschiedenen Gegner der Psychoanalyse. Zu einem echten Austausch innerhalb der Arbeitsgruppe kommt es kaum.


Zunächst völlig unabhängig von der Arbeitsgemeinschaft des Deutschen Instituts leitet August Aichhorn ab dem Winter 1938/39 ein Seminar, in dem er in seiner Wohnung eine kleine Gruppe von Hörer:innen in psychoanalytischer Theorie und Praxis unterrichtet. Drei der fünf Teilnehmer:innen dieses ersten, illegalen Seminars – Ella Lingens, Kurt Lingens und Karl Motesiczky – werden im Oktober 1942 von der Gestapo verhaftet, da sie zwei jüdischen Ehepaaren bei der Flucht helfen. Karl Motesiczky verstirbt am 25. Juni 1943 in Auschwitz an Typhus.


Ab Herbst 1941 wird das Seminar vom Deutschen Institut anerkannt, einige Mitglieder der Wiener Arbeitsgemeinschaft des Deutschen Instituts stoßen nun dazu. Auch nach der offiziellen Anerkennung bleibt es Aichhorns Ziel, Psychoanalyse in Theorie und Praxis unverfälscht zu vermitteln.

„An die Märztage 38 … vor dem deutschen Einmarsch … am Freitag erinnere ich mich noch sehr genau; als ich am Heimwege in der Währingerstraße den johlenden Horden ausweichen musste, ahnte ich noch nicht, was Schreckliches kommen wird.“

August Aichhorn, 1946

Welche psychoanalytischen Begriffe waren im Dritten Reich erlaubt, welche anstößig? Das von Aichhorn verfasste Manuskript Kategorien der Verwahrlosung wird von Werner Kemper, Leiter des Ambulatoriums des „Deutschen Instituts“, auf „erlaubte“ Begriffe untersucht – Kemper möchte z.B. „anale Phase“ durch „Trotzphase“ ersetzen, bei manchen Begriffen wie „Ödipuskomplex“ ist auf Latein „cave!“ [Hüte dich!] als Ausdruck kategorischer Ablehnung vermerkt.

Archiv Thomas Aichhorn, Wien

August Aichhorn

August Aichhorn wird am 27. Juli 1878 in Wien geboren. Nach der Ausbildung zum Lehrer arbeitet er in Pflicht- und Berufsschulen. 1907 gründet er – als Reaktion auf die in Wien entstehenden militärischen Einrichtungen – einen Knabenhort: Aichhorn möchte die Jugendlichen staatsbürgerlich, nicht vaterländisch erziehen. 1914 wird ihm der Titel »Kaiserlicher Rat« verliehen. 1919 erhält er von der Gemeinde Wien den Auftrag, in Hollabrunn (50 km nördlich von Wien) eine Erziehungsanstalt für verwahrloste Kinder und Jugendliche einzurichten.


Über Willi Hoffer wird Anna Freud auf Aichhorn aufmerksam, der schließlich eine Lehranalyse bei Paul Federn beginnt und 1922 Mitglied der WPV wird. Ab 1924 hält er Kurse für Pädagog:innen und Sozialarbeiter:innen am Ambulatorium der WPV, ab 1925 arbeitet er in seiner privaten Praxis mit Erwachsenen und Jugendlichen sowie als Lehr- und Kontrollanalytiker. Er unterrichtet an Dorothy Burlinghams Hietzinger Schule und zählt gemeinsam mit seinen engen Kolleg:innen Anna Freud und Siegfried Bernfeld zu den Vortragenden des 1933/34 von der WPV eingeführten Pädagogischen Lehrganges. Bereits 1925 erscheint sein Hauptwerk: Verwahrloste Jugend. Die Psychoanalyse in der Fürsorgeerziehung. Für die Entwicklung der Psychoanalyse – bislang eine Behandlungsform für triebgehemmte Menschen – stellt Aichhorns Expertise mit triebenthemmten und aggressiven Menschen eine wertvolle Bereicherung dar.


Am 11. März 1938 wird Aichhorns älterer Sohn August jun., Angestellter der Vaterländischen Front, bei einem Fluchtversuch verhaftet und im Mai 1938 ins KZ Dachau überstellt. Auch nach seiner Entlassung im September 1938 steht August Aichhorn jun. unter der Kontrolle der Gestapo. Aichhorns Entscheidung, in Wien zu bleiben und an der »Arbeitsgemeinschaft Wien des Deutschen Instituts« mitzuwirken, hat maßgeblich mit dem Schicksal seines Sohnes zu tun. Von hier aus, so seine Hoffnung, könne er ihn am besten unterstützen.


In den Kriegsjahren besucht Aichhorn regelmäßig seine ungarischen Kolleg:innen in Budapest – eine Art Ersatzheimat für ihn. Wenn auch unter großen Schwierigkeiten, können jüdische Analytiker:innen in der Ungarischen Psychoanalytischen Vereinigung arbeiten.


1946 eröffnet August Aichhorn die WPV wieder. Zu Jahresbeginn 1948 kommt es in Lausanne zu einem Wiedersehen mit Anna Freud.

Am 13. Oktober 1949 stirbt August Aichhorn in seiner Wohnung in der Rathausstraße 20 in Wien.

Brief von August Aichhorn an Heinz Kohut vom 23. Juli 1939, auf Briefpapier eines Budapester Hotels. „Mein lieber Heinz! / Nach langer Pause wieder ein Lebenszeichen von mir. […]/ Aus London bin ich seit einiger Zeit ohne Nachricht. Wissen Sie mehr von Dr. Hoffer? […] / Die Zukunft sehe ich für uns alle nicht so ganz grau. / Schreiben Sie bald. / Herzlichst / A. Aichhorn. / Adresse nicht vergessen!“

Heinz Kohut Papers, Library of Congress, Washington D.C.

Meldezettel

Ein Komitee für den absoluten Notfall

Am 13. März 1938 – nur einen Tag nach dem „Anschluss“ – setzt die American Psychoanalytic Association (APsaA) ein „Emergency Committee on Relief and Immigration“ ein, geleitet vom in New York praktizierenden Psychoanalytiker Lawrence S. Kubie und der Psychiaterin Bettina Warburg. Mit dem Ziel, die europäischen Psychoanalytiker:innen bei der Einreise in die USA bestmöglich zu unterstützen und Regelungen für deren berufliche Eingliederung zu erarbeiten, steht das Emergency Committee in engem Austausch mit Ernest Jones und seinem Londoner Kollegen Edward Glover. Während Kubie vorrangig mit internationalen Angelegenheiten, der Kontaktpflege mit den Botschaften und der Beschaffung von Visa befasst ist, steht Warburg den Ankommenden als Ansprechperson in allen möglichen Belangen zur Verfügung und kümmert sich um die Vermittlung von Stellenangeboten. Eine von Bertram D. Lewin geleitete Stiftung unterstützt einzelne Immigrant:innen mit Förderungen, Darlehen oder Stipendien.

Ein Memorandum für die europäischen Psychoanalytiker:innen schildert die Lebens- und Arbeitsbedingungen in den Vereinigten Staaten sowie in den einzelnen Bundesstaaten: das „Bulletin of Information to Be Supplied Only to Psychoanalysts Who Desire to Emigrate to the U.S.A.“. Ein zentrales Thema darin ist die medizinische Zulassung als Voraussetzung, um psychoanalytisch tätig zu sein.

Heinz Hartmann

Heinz Hartmann wird am 4. November 1894 konfessionslos in Wien geboren und studiert Medizin in Wien. Anschließend arbeitet er als Assistenzarzt an Julius Wagner-Jaureggs Neurologisch-Psychiatrischer Universitätsklinik. 1925 wird er außerordentliches und 1927 ordentliches Mitglied der WPV.


Seine Frau Dora, die ihre psychoanalytische Ausbildung in den Staaten abschließen wird, ist Jüdin, womit der Entschluss für die Hartmanns feststeht: »I wouldn’t have lived in a country where she and the children would be looked down upon«, so Hartmann 1963 in einem Interview. Auf Einladung von Marie Bonaparte können beide am 19. Mai 1938 nach Paris ausreisen, wo Hartmann Mitglied und Lehranalytiker der Société Psychanalytique de Paris wird. Aufbauend auf seinen Wiener Arbeiten publiziert Hartmann 1939 den Aufsatz »Ich-Psychologie und Anpassungsproblem«. – Heute gilt er gemeinsam mit Ernst Kris und Rudolph M. Loewenstein, mit denen Hartmann später in New York eng zusammenarbeitet, als Begründer der Ich-Psychologie. Bis in die 1960er-Jahre, als sich die sogenannte Selbstpsychologie durchzusetzen beginnt, dominiert die Ich-Psychologie weltweit die Psychoanalyse.


Angesichts der zunehmenden Verschlechterung der Lage in Frankreich geht Hartmann, von Geburt an Inhaber eines Schweizer Passes, im September 1939 mit seiner Familie nach Genf und Lausanne. Sie bewerben sich um Visa für die Einreise in die USA, wo sie am 14. Jänner 1941 mit dem Dampfschiff Excalibur ankommen. In New York treffen sie auf viele ihrer Kolleg:innen, die mittlerweile von Großbritannien aus in die Staaten eingereist sind. Das Emergency Committee richtet den »Hartmann Scholarship Fund« ein, als Entgelt für seine Lehrtätigkeit an der Bank Street School.


Hartmann etabliert sich in New York als Lehranalytiker der New York Psychoanalytic Society, wo er – ebenso wie innerhalb der Internationalen Psychoanalytischen Vereinigung (IPV) – führende Positionen bekleidet. Mit Anna Freud in London sowie Ernst Kris in New York zählt er zu den Chefredakteur:innen der Zeitschrift The Psychoanalytic Study of the Child. Gemeinsam mit Willi Hoffer wird es dieser Gruppe – trotz räumlicher Separierung – gelingen, freudianische Strategien fort- und durchzusetzen.


Am 17. Mai 1970 stirbt Hartmann in New York.

Brief von Heinz Hartmann an Ernst Kris vom 10. August 1940, in dem er Fragen zu den Voraussetzungen und erforderlichen Dokumenten für eine Einreise in die Staaten via Kanada stellt: „All dies zu wissen ist mir sehr dringend.“ Papers of Ernst Kris, Library of Congress, Washington D.C.

Meldezettel

Die Schiffsmanifeste von Ellis Island

Jedes Manifest besteht aus zwei Seiten mit insgesamt 37 Feldern für verschiedenste Angaben. Die linke Seite enthält zentrale Daten wie Namen, Alter, Geschlecht, Familienstand (Felder 1-6) oder Geburtsort (Feld 11) und letzter Aufenthaltsort (Feld 15), aber auch Auskünfte über Lese-, Sprach- und Schreibkenntnisse (Feld 8). Die rechte Seite enthält tiefergehende Informationen über die Einreisenden: Neben der geplanten Aufenthaltsdauer (Feld 24) und Zieldestination musste der/die nächste Verwandte oder Freund:in im Herkunftsland angegeben werden (Feld 17-18), wer für die Überfahrt bezahlt halt und ob die einreisende Person 50 $ oder weniger besitzt (Felder 20-21). Auch wurde die Einstellung zu Anarchie und Polygamie abgefragt, etwaige Pläne, die Regierung zu stürzen mussten ebenfalls angegeben werden (Felder 26-28). Weiters wurden Größe, Gewicht, Haut- und Haarfarbe sowie der körperliche und mentale Gesundheitszustand (Feld 32-36) vermerkt. Quelle: The Statue of Liberty – Ellis Island Foundation

In London, wo „melanesisch“ geschrieben wird

Im Mai 1938 richtet Großbritannien eine Visumspflicht für »reichsdeutsche« Staatsbürger:innen ein, um die Einwanderung einzudämmen. Die meisten Österreicher:innen betreten britischen Boden als Transitflüchtlinge und somit nur mit der Erlaubnis zum befristeten Aufenthalt; auch von den Wiener Psychoanalytiker:innen schaffen es nur wenige, dauerhaft in London bzw. Großbritannien zu bleiben. Die Ehepaare Bibring, Hartmann, Isakower, Kris und Wälder emigrieren allesamt nach kurzer Zeit in die USA.

Die ersten Jahre im Londoner Exil sind für die Wiener:innen – allen voran für Anna Freud, die ihren in Wien innegehabten Status als unangefochtene Autorität verliert – voller Spannungen. Die Zusammenarbeit mit der britischen Vereinigung ist durch heftige Konflikte gezeichnet: Die beträchtlichen Auffassungsunterschiede zwischen der britischen und kontinentalen Psychoanalyse erleben die Wiener Analytiker:innen auch als Verlust ihrer ideellen Heimat. »Man hat gesagt, die englischen Kollegen schreiben nicht englisch, sondern ›melanesisch‹, man wollte damit ausdrücken, dass Melanie Klein dort als die größte Analytikerin und die Vollenderin des Werkes Freuds angesehen wird«, so WPV-Mitglied Otto Fenichel bereits 1934.

„Sie fragen nach unserer Zusammenarbeit mit der englischen Gruppe. … Soweit es die Klein’sche Schule betrifft, sind die Unterschiede so groß, dass man sich zwar über die Unterschiede unterhalten, aber nicht wirklich zusammenarbeiten kann. Das gibt im Einzelnen sehr viele Schwierigkeiten, die dadurch zugedeckt sind, dass die Gruppe sich menschlich der ganzen Emigrationsfrage besonders gut benommen hat.“

Anna Freud an Ernst Simmel, 1939

Willi Hoffer

Willi Hoffer wird am 12. September 1897 in Luditz/ Žlutice bei Karlsbad/Karlovy Vary im heutigen Tschechien geboren. Er studiert in Wien, wird Mitglied der zionistischen Jugendbewegung, und promoviert 1922 in Pädagogik und 1929 in Medizin. Ab 1923 Mitglied der WPV mit Arbeitsschwerpunkt Kinderanalyse und Pädagogik, ist er ein enger Freund und Mitarbeiter von Anna Freud und August Aichhorn.


Am 16. Mai 1938 reisen Hoffer und seine Frau Hedwig Hoffer-Schaxel nach London aus, wo sie von der British Psychoanalytical Society (BPS) als Mitglieder aufgenommen und als Lehranalytiker:innen anerkannt werden. Hoffer ist eines der aktivsten Mitglieder der Wiener Gruppe in London. Er unterstützt Anna Freud in ihren Auseinandersetzungen mit der Gruppe um Melanie Klein. Nach dem Erhalt der medizinischen Lizenz 1943 arbeitet er als Arzt in den von Anna Freud geleiteten Hampstead War Nurseries, deren Wirken er auch als Fotograf dokumentiert, und später auch in der Hampstead Clinic.


Neben Anna Freud und Edward Glover zählt er zu den Londoner Vertreter:innen des Herausgeber:innengremiums der (seit 1945 erscheinenden) Zeitschrift The Psychoanalytic Study of the Child, einem der zentralen Medien der Nachkriegsanalyse. Die anglo-amerikanische Unternehmung wird mit dem Bestreben gegründet, die Kinder- und Jugendlichenanalyse zu stärken und, auf dem theoretischen und praktischen Vermächtnis der Vorkriegsanalyse aufbauend, ihren Autor:innen und Leser:innen das Gefühl der Kontinuität und der Verbindung mit einer Community zu vermitteln. Auch wird er von Anna Freud, gemeinsam mit dem bereits in New York angekommenen Otto Isakower, ins Herausgeber:innenkomitee von Sigmund Freuds Gesammelten Werken im S. Fischer Verlag kooptiert.


Nach dem Krieg spielt Hoffer eine zentrale Rolle für die Wiederbelebung der Psychoanalyse in Europa. Reisend unterstützt Hoffer als Diplomat im Dienste der Psychoanalyse ganz wesentlich den Aufbau der Deutschen Psychoanalytischen Vereinigung (DPV) in Deutschland und die Wiederbelebung der WPV. Er schafft die Grundlage für die Europäische Psychoanalytische Föderation (EPF) und betreibt die Wiedereinsetzung von Deutsch als offizieller Sprache der Internationalen Psychoanalytischen Vereinigung (IPV).


Am 25. Oktober 1970 stirbt Willi Hoffer in London.

Etiketten aus dem Haushalt von Willi Hoffer

Die in dieser Ausstellungsansicht gezeigten Etiketten von Wein- und Spirituosenflaschen – Zeugnisse geselliger Zusammenkünfte – bewahrte Willi Hoffer in seinem Landhaus Anchorlea in Walberswick, Suffolk auf. 1949 kaufte er die Immobilie vermutlich über Vermittlung von Anna Freud, die seit 1946 gemeinsam mit Dorothy Burlingham das Nachbarhaus besaß. Nach Hoffers Tod ging das Haus in den Besitz von Anna Freuds Neffen W. Ernest Freud über. Die Etiketten sind eine Leihgabe von Esther Freud.

Im Land der (un)begrenzten Möglichkeiten

Die Mehrheit der Wiener Mitglieder und Kandidat:innen der WPV emigriert in die USA, insbesondere nach New York, aber auch nach Boston, Chicago und Los Angeles, zu den vier führenden psychoanalytischen Instituten des Landes. All jene, die keine medizinische Ausbildung aufweisen, betreten die USA mit einem enormen Startnachteil: Anders als vormals in Österreich dürfen Laienanalytiker:innen hier nicht Mitglieder von psychoanalytischen Ortsgruppen sein und als Psychoanalytiker:innen praktizieren. Sie müssen sich anderen Berufsfeldern wie der Pädagogik oder der Sozialarbeit zuwenden.


Im Unterschied zu Europa, wo die Wissenschaft des Unbewussten seit jeher auf Widerstand an den Universitäten stößt, ist die Psychoanalyse in den USA seit den 1930er-Jahren etabliert. Daher eröffnen sich für einige Wiener Emigrierte im amerikanischen Exil Möglichkeiten, die ihnen andernorts wahrscheinlich verschlossen geblieben wären.

In der New York Psychoanalytic Society, der einflussreichsten und größten psychoanalytischen Vereinigung der USA, bilden die Wiener Emigrant:innen nach Kriegsende nicht nur die zahlenmäßig größte Gruppe. Auch einzelne wichtige Positionen, sei es in der Ausbildungskommission, im Vorstand oder im Ambulatorium, werden zunehmend von ehemaligen WPV-Mitgliedern bekleidet. Jene, die in Wien Freud persönlich nahestanden, ihre Lehr- oder Kontrollanalyse bei ihm absolviert hatten, genießen und erwarten wohl auch besondere Wertschätzung. Zwangsläufig führt diese Konstellation, die die alteingesessenen New Yorker Mitglieder in den Hintergrund drängt, zu Konflikten und Kämpfen innerhalb des Institutes.

„Als wir in dieses Land kamen, das war 1938, fanden wir hier in den Vereinigten Staaten alles vor, was wir in Österreich gesucht und nicht gefunden hatten … Es wäre unmöglich gewesen, eine kritische Haltung einzunehmen und den Widerstand aufrechtzuhalten, in dem wir in Österreich gelebt hatten, … Deshalb haben die eingewanderten Analytiker ihre revolutionäre Einstellung aufgegeben. … Es gab nur eine mögliche Reaktion, … größte Dankbarkeit Roosevelt und dem Land gegenüber, in dem man mit so viel Liebenswürdigkeit aufgenommen worden war und überleben konnte.“

Kurt Eissler, 1984

Grete L. Bibring

Grete L. Bibring, gebürtige Lehner, kommt am 11. Jänner 1899 als jüngstes Kind einer jüdischen Intellektuellen-Familie in Wien zur Welt. Bereits als Schülerin entdeckt sie die Schriften Sigmund Freuds. Während des Medizinstudiums lernt sie das WPV-Mitglied Otto Fenichel kennen, der sie auf das »Wiener Studentenseminar für Sexologie«, das sie bald mit Wilhelm Reich und ihrem späteren Ehemann Edward Bibring selbst organisieren wird, aufmerksam macht. Während der Studienjahre absolviert sie eine Lehranalyse bei Hermann Nunberg, nach der Promotion 1924 erhält sie ihre fachärztliche Ausbildung in Psychiatrie und Neurologie. 1925 wird sie Mitglied der WPV. Ende der 1920er-Jahre eröffnet sie mit ihrem Mann eine Privatpraxis und arbeitet zudem im Ambulatorium sowie ab 1934 im Lehrausschuss der WPV.


Am 15. Mai 1938 reist sie mit ihrem Mann, den beiden Söhnen Georg (9 Jahre) und Thomas (7 Jahre) und ihrer Mutter nach London aus. Bald erfolgt die Aufnahme als Lehranalytikerin innerhalb der British Psychoanalytical Society (BPS), doch die berufliche Situation für neu angekommene Analytiker:innen in London während der Kriegsjahre bleibt schwierig. Auf dem Schiff M.V. Georgic emigriert die Familie am 11. Februar 1941 über New York nach Boston, wo bereits die früheren Kolleg:innen Helene und Felix Deutsch wirken. Beide Bibrings werden Mitglieder und Lehranalytiker:innen der Bostoner Psychoanalytischen Vereinigung. Bereits ein halbes Jahr nach ihrer Ankunft nimmt Grete L. Bibring eine in Wien gepflegte Tradition auf: regelmäßige Dinnerparties für Kolleg:innen und Freund:innen. Die Speisepläne hält sie minutiös fest.


Bibrings berufliche Laufbahn in den USA ist vielfältig und erfolgreich – nicht zuletzt dank ihrer Ausbildung als Psychiaterin und der in den Staaten vorherrschenden reformorientierten psychiatrischen Bewegung. 1946 übernimmt sie die Leitung der psychiatrischen Abteilung des Beth Israel Hospital in Boston und erhält 1961 als erste Frau eine Professur für Psychiatrie an der Harvard Medical School. Innerhalb der Psychoanalytischen Vereinigungen bekleidet sie in den 1950er- und 1960er-Jahren zahlreiche Führungspositionen. Auch nach ihrer Pensionierung hält sie am Radcliff College Seminare über weibliche Erziehung und berufliche Karrieren von Frauen.


Grete L. Bibring stirbt am 10. August 1977 in Cambridge, Massachusetts.

Einer der ersten Speisezettel von Grete Bibring im neuen Zuhause in Boston: Am 16. Juli 1941 gab es nachmittags „Bridgerolls“ – schmale gefüllte Weißbrötchen, wie sie in Großbritannien ab den 1930er-Jahren beliebt waren – mit unterschiedlichen Füllungen, darunter „Liptauer“, eine österreichische, pikante Spezialität. Zu Gast waren u.a. auch zwei ehemalige Kolleginnen aus Wien bzw. London: Elisabeth („Liesl“) Schwarz und Josefine („Fifi“) Stroß. Boston Psychoanalytic Society and Institute Archives

Die Schiffsmanifeste von Ellis Island

Jedes Manifest besteht aus zwei Seiten mit insgesamt 37 Feldern für verschiedenste Angaben. Die linke Seite enthält zentrale Daten wie Namen, Alter, Geschlecht, Familienstand (Felder 1-6) oder Geburtsort (Feld 11) und letzter Aufenthaltsort (Feld 15), aber auch Auskünfte über Lese-, Sprach- und Schreibkenntnisse (Feld 8). Die rechte Seite enthält tiefergehende Informationen über die Einreisenden: Neben der geplanten Aufenthaltsdauer (Feld 24) und Zieldestination musste der/die nächste Verwandte oder Freund:in im Herkunftsland angegeben werden (Feld 17-18), wer für die Überfahrt bezahlt halt und ob die einreisende Person 50 $ oder weniger besitzt (Felder 20-21). Auch wurde die Einstellung zu Anarchie und Polygamie abgefragt, etwaige Pläne, die Regierung zu stürzen mussten ebenfalls angegeben werden (Felder 26-28). Weiters wurden Größe, Gewicht, Haut- und Haarfarbe sowie der körperliche und mentale Gesundheitszustand (Feld 32-36) vermerkt. Quelle: The Statue of Liberty – Ellis Island Foundation

„Ich erinnere mich noch der Panik, die unter den jüdischen Intellektuellen ausbrach, als die Nazitruppen im März 1938 in Wien einmarschierten. Die Wiener Analytiker waren natürlich auch stark betroffen, aber doch weniger von Panik ergriffen als andere. Tatsächlich benahmen sie sich in einer sehr ‚analytischen‘ Weise, indem sie sich, wie dies der Tradition der tüchtigsten Freimaurer entsprach, zusammenschlossen und dafür sorgten, dass jeder jüdische Analytiker in Sicherheit übersiedeln konnte.“

Margaret S. Mahler, 1988

Margaret S. Mahler

Margaret S. Mahler wird am 10. Juli 1897 als Margarethe Schönberger in eine jüdische Familie in Ödenburg/Sopron im heutigen Ungarn geboren. Ihr 1917 in Budapest begonnenes Medizin-Studium mit Schwerpunkt Kinderheilkunde setzt sie in München, Jena und Heidelberg fort. Nach der Promotion 1922 arbeitet sie in Wien als Kinderärztin. Über Willi Hoffer kommt sie mit der Psychoanalyse in Kontakt und lernt August Aichhorn kennen. Sie beginnt 1926 eine Lehranalyse bei Helene Deutsch, die Mahler jedoch als ungeeignet für die Psychoanalyse einschätzt. Sie kann ihre Analyse bei Aichhorn sowie später bei Hoffer fortsetzen; 1933 wird sie als außerordentliches Mitglied der WPV aufgenommen.


Durch die Intervention einer Patientin erlangen sie und ihr Mann Paul Visa für temporären Aufenthalt in Großbritannien, wo sie im Mai 1938 ankommen. Die Kosten für die Wohnung in Hampstead werden von der British Psychoanalytical Society (BPS) übernommen, die auch ein Darlehen für die Reise in die Vereinigten Staaten zur Verfügung stellt. Dorothy Burlingham wiederum interveniert bei der amerikanischen Botschaft in Großbritannien, sodass die Ausreiseanträge schneller bearbeitet werden. Am 13. Oktober 1938 können die Eheleute an Bord der Queen Mary nach New York ausreisen, wo sie von der WPV-Kollegin Bertha Bornstein persönlich in Empfang genommen werden.

 

1940 wird Mahler Mitglied der New York Psychoanalytic Society und erhält einen Lehrauftrag für Psychiatrie an der Columbia University. Ihr Arbeits- und Forschungsschwerpunkt sind kindliche Psychosen. 1945 wird sie über den Tod ihrer Mutter unterrichtet, die 1944 nach Auschwitz deportiert wurde. Sie verfällt in eine schwere Depression und beginnt eine weitere Analyse bei Edith Jacobson. 1950 gründet sie einen therapeutischen Kindergarten für psychotische Kinder am Einstein College in New York. In den folgenden Jahren leitet sie das Ausbildungsprogramm des Philadelphia Psychoanalytic Institute. 1975 veröffentlicht sie ihre wohl bekannteste Studie Die psychische Geburt des Menschen, die auf beobachtender Forschung in einer natürlichen Umgebung basiert.


Am 2. Oktober 1985 stirbt Margaret S. Mahler in New York. Ihrem letzten Willen entsprechend, wird ihre Asche neben dem Grab ihres Vaters auf dem jüdischen Friedhof in Sopron beigesetzt.

Brief von Margaret S. Mahler an August Aichhorn vom 28. Mai 1948. „Nach Österreich ist es schwer zu fahren und ich habe diesen Plan vor 10 Monaten bereits aufgegeben. Offenbar habe ich eine große Abneigung dahinzufahren – seien Sie mir nicht böse. Ich weiß, Sie werden versuchen, mich zu verstehen.“ Mahler hat es nach 1945 konsequent abgelehnt, nach Österreich zu reisen.

Archiv Thomas Aichhorn, Wien

AUDIO: Reminiscences of Margaret S. Mahler 1974

Ausschnitte eines am 15. November 1974 mit Bluma Sverdloff geführten Interviews. Columbia University Libraries

Paul Federn

Paul Federn wird am 13. Oktober 1871 in eine angesehene jüdische Wiener Familie geboren. Als junger Erwachsener führt er das Leben eines Bohemiens, auf Wunsch des Vaters beginnt er ein Medizinstudium. Nach der Promotion 1895 absolviert er eine Ausbildung zum Facharzt für Innere Medizin und eröffnet 1902 eine Privatpraxis. Im darauffolgenden Jahr lernt er Sigmund Freud kennen und zählt bald zu dessen allererstem Zirkel, der Psychologischen Mittwoch-Gesellschaft.


1919 veröffentlicht er seine Studie über die psychologischen Beweggründe der Ersten Republik: Zur Psychologie der Revolution. Die vaterlose Gesellschaft. In den frühen 1920er-Jahren wird der überzeugte Sozialist, der sich für Themen wie Sexualerziehung, Familienfürsorge und Frauenemanzipation interessiert, einer der führenden Lehranalytiker der WPV und ist maßgeblich an der 1922 erfolgenden Gründung ihres Ambulatoriums und des Lehrausschusses beteiligt. 1924 wird er von Freud – neben Anna – zu seinem offiziellen Vertreter ernannt und zum Vizepräsidenten der WPV gewählt. 1926 gibt er mit Heinrich Meng Das Psychoanalytische Volksbuch im Hippokrates-Verlag heraus.


Am 29. August 1938 kann der mittlerweile völlig mittellose Federn über Schweden, das er bereits nach dem Ersten Weltkrieg im Zuge eines Lehraufenthalts in Stockholm bereist hat, an Bord der Drottningholm in die USA flüchten. 1940 wird er Ehrenmitglied der New York Psychoanalytic Society, für die Vollmitgliedschaft muss er sich erneut medizinischen Rigorosen stellen. Erst 1946 wird er als Arzt anerkannt. Einer seiner bekanntesten Patient:innen in New York ist der exilierte Wiener Schriftsteller Hermann Broch, mit dem er ab 1939 eine Korrespondenz über Themen wie Weltbürgertum, Menschenrechte und Massenwahntheorie unterhält.


Nach Jahren des brieflichen Austausches kann er 1948 seinen Sohn Ernst, der die KZ Dachau und Buchenwald überlebt und sich für sein Studium in New York niederlässt, wiedersehen. 1949, nach einer Vortragsreise nach Topeka, Kansas, wird er über sein bösartiges Blasenkarzinom unterrichtet. Zu Jahresende verstirbt seine Frau Hilde.


Am 4. Mai 1950 erschießt sich Paul Federn in seinem New Yorker Arbeitszimmer.

Ernst Kris

Ernst Kris wird am 26. April 1900 in eine jüdische Wiener Bürgerfamilie geboren, in den letzten Jahren der Habsburgermonarchie konvertiert er vom Judentum zum Katholizismus. Nach dem Studium der Kunstgeschichte, Geschichte, Archäologie und Psychologie beginnt der promovierte Kunsthistoriker als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Kunsthistorischen Museum Wien. 1924 wird er über Vermittlung seiner Verlobten Marianne Rie, angehende Kinderärztin und spätere Psychoanalytikerin, Sigmund Freud als Antiken-Experte vorgestellt. Außerdem beginnt er seine Lehranalyse bei Helene Deutsch. 1929 katalogisiert er die Sammlung für Gemmen und Kameen am Metropolitan Museum of Art in New York. 1933 wird er ordentliches Mitglied der WPV. Mit seinem ehemaligen Studienkollegen Ernst H. Gombrich arbeitet er an einem – unveröffentlicht gebliebenen – Projekt zur Karikatur. Gemeinsam kuratieren sie 1936 in der Wiener Albertina eine international beachtete Ausstellung mit Werken des französischen Künstlers Honoré Daumier.


Um der nationalsozialistischen Verfolgung als »Volljude« zu entgehen, sucht Kris am 21. März 1938 um Versetzung in den Ruhestand und Empfehlung einer Ausreisebewilligung für sich und seine Familie bei seinem Vorgesetzten Fritz Dworschak, seit dem »Anschluss« kommissarischer Leiter des Kunsthistorischen
Museums, an – mit Erfolg. Am 15. Mai 1938 kann Kris mit seiner Frau und seinen beiden Kindern Anna (7 Jahre) und Anton (3 Jahre) nach London ausreisen, wo er für die BBC arbeitet. Am 29. Juli 1940 kommen sie auf dem Dampfer Duchess of Bedford in Kanada an – von dort aus ist die Einreise in die Vereinigten Staaten einfacher. Am
15. September 1940 betritt die Familie in New York amerikanischen Boden, im Besitz gültiger, von ihrer Freundin und Kollegin Ruth Mack Brunswick bereits 1938 besorgter Visa. Kris erwartet eine Stelle als Gastprofessor an der New School for Social Research in New York. Als Nicht-Mediziner wird er 1943 Ehrenmitglied der New York Psychoanalytic Society; die Vollmitgliedschaft bleibt ihm verwehrt. 1945 angestellte Überlegungen, in seine Wahlheimat England zurückzukehren, werden schließlich verworfen. »It is very hard to emigrate a second time«, so Anna Freud in einem Brief vom 16. Juli 1945 an ihren Freund Kris.


1950 gründet Ernst Kris die Postgraduate Study Group der New York Psychoanalytic Society, die er bis zu seinem Tod am 27. Februar 1957 leitet.

Brief von Ernst Kris aus London an Fritz Dworschak vom 7. November 1938. Darin schickt er Dworschak der seit dem „Anschluss“ kommissarischer Leiter des Kunsthistorischen Museums war, „und den Wiener Kollegen die ergebensten Grüße“ Weiter: „Die obige Anschrift wird wohl für die nächsten 3 Monate gelten. / Ich lege meine Beamtenlegitimation bei.“ Dworschak hatte sich bei der Polizeidirektion Wien und dem Unterrichtsministerium wohlwollend für dessen Bestrebungen, nach England auszureisen, eingesetzt.

KHM-Museumsverband

 

Wiedereröffnung der WPV und Rückkehr nach Wien

Das Wien der Nachkriegszeit gleicht nicht der Stadt vor dem Erstarken der totalitären Strukturen, gleicht nicht dem Bild der Erinnerung. Hunger und Not, bauliche und infrastrukturelle Schäden, weiterhin spürbarer Antisemitismus – die allgemeine Lage nach Kriegsende ist entmutigend. Gelingt auch eine rasche Wiederherstellung demokratischer Strukturen, bleibt eine kollektive Auseinandersetzung oder Verarbeitung der NS-Vergangenheit noch jahrzehntelang aus; komplizierte Beantragungsprozedere und langwierige Restitutionsverfahren schrecken zudem viele Opfer davon ab, Wiedergutmachungsforderungen zu stellen.


Von den ehemaligen WPV-Mitgliedern und Kandidat:innen kehren 1946 lediglich Walter Hollitscher aus London, Otto Fleischmann aus Budapest und Robert Hans Jokl aus Frankreich zurück. Letzterer kann sich in Wien nicht mehr einleben, er emigriert 1947 in die Staaten. Im März 1944, noch vor der geplanten Remigration, stirbt Josef Karl Friedjung in Haifa.


Im April 1946 wird die WPV unter der Leitung von August Aichhorn (Obmann) und Alfred von Winterstein (stellvertretender Obmann) – beide niemals NSDAP-Mitglieder – feierlich wiedereröffnet und von der Internationalen Psychoanalytischen Vereinigung (IPV) anerkannt. Die emigrierten WPV-Mitglieder schicken Glückwunschschreiben – aus der Ferne.

„Die alte und berühmte Wiener Gruppe wieder zu beleben ist eine edle Aufgabe und ich wünsche Ihnen den besten Erfolg.“

Ernest Jones an August Aichhorn, 1946

Walter Hollitscher

Walter Hollitscher wird am 16. Mai 1911 in eine großbürgerliche Familie in Wien geboren und evangelisch getauft. Nach der Trennung der Eltern zieht er mit seinem Vater nach Prag. Bereits als Mittelschüler schließt er sich der kommunistischen Bewegung an. 1929 geht er nach Wien und wird Mitglied der Kommunistischen Partei Österreichs (KPÖ). An der Universität Wien studiert er zunächst Medizin, dann Philosophie, und promoviert 1934 bei Moritz Schlick über das Kausalprinzip in der Quantenphysik. Um als Kandidat in der WPV aufgenommen zu werden, verspricht er 1936 in einem Brief an Anna Freud, sich »während der Zeit (s)einer analytischen Ausbildung jeder von den Gesetzen verbotenen politischen Tätigkeiten (zu) enthalten«. Bereits 1935, nach den Verhaftungen von WPV-Mitglied Edith Buxbaum und der Kandidatin Marie Langer, war vom Lehrausschuss das Verbot für Kandidat:innen, sich neben der Ausbildung im politischen Widerstand zu engagieren, erlassen worden.

Hollitscher beginnt seine Lehranalyse bei Grete Bibring-Lehner und Willi Hoffer, auch das Medizinstudium nimmt er wieder auf. Bereits am 18. März 1938 kann er aus Wien indie Schweiz ausreisen; dort erhält er ein befristetes Visum  für Großbritannien. In London setzt er sein Medizinstudium und an der British Psychoanalytical Society (BPS) seine psychoanalytische Ausbildung fort. Auch engagiert sich der überzeugte Kommunist im Austrian Centre London. 1939 als Selbsthilfeorganisation gegründet, entwickelt es sich zu einer politisch und sozial engagierten Institution für jüdische und anderweitig politisch verfolgte Exil-Österreicher:innen.

1946 kehrt Hollitscher nach Wien zurück. Als Vertreter der BPS nimmt er bei der Feier zur Wiedereröffnung der WPV teil und beteiligt sich an deren ersten Geschäftssitzungen, ehe er 1948 aus der WPV austritt. Der Psychoanalyse, die er als Ausprägungsform der bürgerlichen Ideologie, als unwissenschaftlich, spekulativ und geschichtslos kritisiert, kann er nichts mehr abgewinnen.

In den folgenden Jahrzehnten lebt und arbeitet er sowohl in der DDR als auch in Wien, wo er von 1965 bis 1977 Mitglied des Zentralkomitees der KPÖ ist. Als Wissenschaftler und Autor äußerst produktiv, verfasst Hollitscher rund 30 Bücher zu naturwissenschaftlichen, philosophischen und psychologischen Themen aus marxistischer Perspektive.


Am 6. Juli 1986 stirbt Walter Hollitscher in Wien.

Kondolenzschreiben von Walter Hollitscher vom 25. September 1939 an Anna Freud: „Sehr verehrtes Fr. Freud! / Ich möchte Ihnen schreiben wie tief der Tod Ihres Vaters auch mich /berührt hat. Er war mir die einzige große Autorität; seitdem er zu leben aufgehört hat, ist mir die Welt um Vieles anders geworden. […] / Ihr, sehr ergebener, / Walter Hollitscher“.

Freud Museum London

Meldezettel

Wiedersehen in Stockbridge

Ab der 1910 erfolgten Gründung der Internationalen Psychoanalytischen Vereinigung (IPV) finden für ihre Mitglieder bis 1938 regelmäßig Kongresse statt, die neben dem fachlichen Austausch auch persönliche Nähe und Geselligkeit ermöglichen. Der erste Kongress nach Kriegsende wird 1949 in Zürich veranstaltet, allerdings können nur wenige ehemalige WPV-Mitglieder daran teilnehmen.

1950 jedoch kommt es im Rahmen des zu Ehren Anna Freuds einberufenen »First Stockbridge Congress on Child Analysis« in Stockbridge, Massachusetts, zu einem Wiedersehen der ehemaligen Kolleg:innen. Zwei Drittel der insgesamt 66 Teilnehmer:innen sind in der WPV ausgebildet worden.

Anna Freud, die ihre erste von insgesamt 12 Vortragsreisen in die USA unternimmt, wird von der Verpflichtung, einen Vortrag zu halten, befreit. Vielmehr soll sie sich – jenseits offizieller (Repräsentations-)Pflichten – ganz der offenen Diskussion mit ihren früheren Kolleg:innen aus der WPV sowie den Teilnehmer:innen ihrer Kinderseminare widmen und damit eine aus Wien vertraute Atmosphäre vorfinden. »Einem Teil des Publikums ist die Situation einer ausführlichen Diskussion mit Miss Freud vertraut. (...) Für andere ist es eine neue Erfahrung. Es ist zu hoffen, dass der Geist von einst hier für ein paar kurze Stunden wiederbelebt werden kann«, so Ernst Kris in seinem Eröffnungsvortrag.

Fotos Edward Bibring

Edward Bibrings Fotografien von Kolleg:innen, die zumeist im Rahmen psychoanalytischer Kongresse zwischen 1932 und 1938 entstanden. Quelle: Boston Psychoanalytical Society and Institute Archives

Gruppenaufnahme des “First Stockbridge Congress on Child Analysis”, Austen Riggs Foundation, Stockbridge, Massachusetts, 23. – 24. April 1950

Austen Riggs Foundation, Stockbridge, Massachusetts

Oberste Reihe von links nach rechts stehend: Heinz Hartmann, René Spitz, Marianne Kris, Ernst Kris, Edith Jackson, N.N., Joseph Weinreb, N.N., N.N., Howard Edgerton, Max Schur, Edward Kronold, Robert Knight, Jan Frank, Walter Langer, Bertram Lewin, Edward Glover, Felix Deutsch, David Rapaport, Robert Waelder, Maurits Katan, Rudolph Loewenstein, Erik Erikson, Willi Hoffer, Merton Gill, Richard Sterba, Milton Senn

Mittlere Reihe von links nach rechts sitzend: N.N., N.N., Berta Bornstein, Melitta Sperling, Dora Hartmann, Mary O’Neill Hawkins, Anna Maenchen, Jenny Waelder, Grete L. Bibring, Annie Reich, Christine Olden, Margaret S. Mahler, Phyllis Greenace, Emmy Sylvester, Annie Angel-Katan, Rosetta Hurwitz

Unterste Reihe von links nach rechts: Margaret Ribble, Lydia Dawes, Marian Putnam, Dorothy Burlingham, Elisabeth Geleerd, Margaret Brenman-Gibson, Beata Rank, Helene Deutsch, Anna Freud, N.N., Mc Cormick, N.N., N.N., Editha Sterba, Julia Deming, Salomea Isakower

In memoriam

Allen in Wien ansässigen WPV-Mitgliedern gelingt es, nach dem »Anschluss« das Land zu verlassen. Von der sicheren Ferne aus müssen sie – die Überlebenden – in der Shoa ermordete Familienmitglieder und Freund:innen betrauern.


Vier WPV-Mitglieder jedoch verlieren in den Kriegsjahren ihr Leben: Rosa Walk, die aus Wien nach Paris emigriert, und Ernst Paul Hoffmann, der zum Zeitpunkt des »Anschlusses« in Antwerpen weilt, Otto Brief aus Prag und Nikola Sugar aus Subotica. Sie werden interniert und ermordet oder sterben an den Folgen der Verschleppung.

Ernst Paul Hoffmann

Ernst Paul Hoffmann wird am 23. Jänner 1891 in Radautz/ Rădăuți im heutigen Rumänien geboren. Nach der Reifeprüfung 1909 inskribiert er an der Medizinischen Fakultät in Wien. 1914 schließt er sein Medizinstudium ab, 1922 beginnt er eine Lehranalyse bei Paul Federn, 1926 wird er außerordentliches Mitglied der WPV. Anfang März 1938 hält Hoffmann sich in Antwerpen auf. Vom Einmarsch der deutschen Truppen in Österreich überrascht, sucht er um politisches Asyl in Belgien an.

Am 15. Juli folgen ihm seine Frau und sein Sohn nach; im November 1938 übersiedeln sie nach Brüssel. Hoffmann nimmt Kontakt mit Bettina Warburg vom Emergency Committee auf, doch bevor seine Bemühungen Erfolg haben, überfallen am 10. Mai 1940 deutsche Truppen Belgien. Bereits im April, nach dem Überfall der Deutschen auf Norwegen, legt die belgische Regierung Listen von »Verdächtigen« – vor allem ausländische Emigrant:innen – an, die ohne jegliche legale Grundlage im Falle des Angriffes
auf Belgien verhaftet werden sollen. Bei Hoffmann erfolgt die Festnahme während einer Analysestunde in Brüssel.

In den nachfolgenden Jahren ist Hoffmann in verschiedenen französischen Lagern interniert: vom 14. bis zum 29. Mai 1940 in Le Vigeant, vom 30. Mai bis zum 30. Oktober 1940 in Saint-Cyprien, vom 31. Oktober 1940 bis zum 9. März 1941 in Gurs und vom 10. März 1941 bis zum 19. Mai 1942 in Les Milles. An einer chronischen Magenerkrankung leidend, befindet er sich in den Internierungslagern – ohne Diät und Medikamente – in unmittelbarer Lebensgefahr. 1942 bekommt Hoffmann Urlaub vom Lager für konsularische Angelegenheiten sowie für eine Leistenbruch-Operation. Seine Hoffnung, dass seine Frau und sein Sohn zu ihm nach Marseille kommen würden, erfüllt sich nicht. Nach Ablauf seines Urlaubs bleibt ihm als einziger Ausweg die Flucht in die Schweiz, wo er am 27. September 1942 von der Schweizer Grenzpolizei festgenommen wird.


Hoffmann wird kurze Zeit in einem Internierungslager in Aigle im Kanton Waadt festgehalten. Wegen schwerer Depressionen wird er in einer Klinik untergebracht, wo er auch als Lehrer und Supervisor arbeitet. Am 23. Dezember stirbt 1944 Ernst Paul Hoffmann in einem Basler Spital an den Folgen einer Zwölffingerdarmgeschwür-Operation, ohne seine Frau und seinen Sohn wiedergesehen zu haben.

Nikola Sugar

Nikola Sugar wird am 25. August 1897 in Subotica in der Vojvodina, damals zur ungarischen Reichshälfte der Habsburgermonarchie gehörig, geboren. Er studiert
Medizin in Budapest, nach der Promotion 1923 geht er für die Facharzt-Ausbildung in Neurologie nach Berlin und beginnt eine Lehranalyse bei Felix Boehm. Ab 1925 lebt er in Wien, um die psychoanalytische Ausbildung abzuschließen. Er arbeitet an der Neurologisch-Psychiatrischen Universitätsklinik unter Paul Schilder und wird Mitglied der WPV.


1926 geht er nach Subotica zurück und eröffnet als erster Psychiater in der Stadt und erster Psychoanalytiker in der Vojvodina eine Privatpraxis. 1937 zieht er nach Belgrad und zählt zu den Gründungsmitgliedern der Psychoanalytischen Vereinigung Serbiens.

Nach dem deutschen Angriff auf das Königreich Jugoslawien im April 1941 kehrt Sugar neuerlich nach Subotica zurück, das von ungarischen Truppen besetzt ist. Ab Beginn der Besatzung wird die jüdische Bevölkerung festgenommen und in improvisierte Ghettos gezwungen. Ab April 1944 werden die ungarischen Jüdinnen und Juden nach Auschwitz-Birkenau deportiert; ein Teil davon wird zur Zwangsarbeit in umliegende Gebiete unter deutscher Besatzung gebracht. Sugar wird zunächst ins südungarische Szeged deportiert, von dort schließlich ins niederösterreichische Groß-Siegharts. Hier ist zwischen Juli 1944 und März 1945 ein Zwangsarbeitslager für etwa 250 Jüdinnen und Juden eingerichtet. Die Häftlinge müssen Erdarbeiten ausführen oder für die Siemens-Schuckertwerke arbeiten. Sugar ist als Arzt für eine landwirtschaftliche Arbeitsgruppe tätig, auch organisiert er Russisch-Kurse. Als »Rebellenelement« wird er Mitte September 1944 in das KZ Bergen-Belsen deportiert, wo er im Lazarett arbeitet. Im April 1944 wird er in das KZ Theresienstadt gebracht, gemeinsam mit 6.800 anderen Häftlingen aus Bergen-Belsen.


Die Umstände des Todes von Nikola Sugar bleiben ungeklärt. Als offizielles Todesdatum wird der 15. Mai 1945 – nach Ende des Zweiten Weltkrieges – angegeben.

Otto Brief

Otto Brief wird am 31. Dezember 1891 im mährischen Znorow/Vnorovy, heutiges Tschechien, geboren. Ab 1911 ist er in Wien als Student der Medizin gemeldet; am 5. März 1928 wird der Umzug nach Olmütz registriert. Gemeinsam mit seiner Ehefrau Marie, einer Kindergartenpädagogin, zählt er zu den Mitbegründer:innen der Prager Arbeitsgruppe der WPV, die u.a. von Steff Bornstein-Windholzova und Anni Reich geleitet wurde. 1935 stieß Otto Fenichel aus Oslo kommend dazu.

Am 26. Mai 1939 wird Brief in Prag von der Gestapo verhaftet: »Grund der Verhaftung: kommunistische Einstellung. Schutzhaft angeordnet von der Staatspolizei Prag am 26. Mai 1939.« Nach einigen Monaten der Haft in Prag wird Brief am 4. Dezember 1939 nach Hof in Bayern verlegt, wo er die Häftlingsnummer 2423 erhält. Jetzt heißt es: »Schutzhaft, politisch, Jude.« Nur drei Tage später wird er in das KZ Sachsenhausen überstellt, wo er ihm die Häftlingsnummer 14892/10151 zugeteilt wird. Zehn Monate später, am 5. September 1940, wird er ins KZ Dachau verlegt, Häftlingsnummer 17847. Am 12. Juli 1941 wird Brief erneut umquartiert, diesmal ins KZ Buchenwald, Häftlingsnummer 8680. Schließlich wird er am 19. Oktober 1941 ins KZ Auschwitz deportiert, Häftlingsnummer 68378. Hier stirbt er im Dezember 1942. Seine Todesursache ist nicht bekannt.

Die Verlegungen lassen sich vermutlich auf die Bemühungen der internationalen psychoanalytischen Community, Brief aus dem KZ zu befreien, zurückführen. Eine beträchtliche Summe von 1.700 US-Dollar (heute etwa 30.000 Euro) wird dafür aufgebracht, u. a. von den Psychoanalytikern Hanns Sachs und Max Eitingon. Die NS- Behörden halten entsprechende Zusagen jedoch nicht ein.


Anlässlich von Briefs Verlegung ins KZ Sachsenhausen schickt die KZ-Verwaltung die Kleidung von Otto Brief an seine Frau, um den Eindruck zu erwecken, er sei bereits tot.
Erst später wird eingeräumt, dass er noch am Leben war.

Rosa Walk

Rosa Walk wird am 30. April 1893 in der damals zu Ungarn gehörenden Stadt Marmaroschsiget/Sighetu Marmației im heutigen Rumänien geboren. Nach der Reifeprüfung
an einem Budapester Mädchengymnasium im Dezember 1919 beginnt sie ein Medizinstudium in Frankfurt am Main. Sie geht 1924 nach Wien, wo sie 1928 promoviert. Im selben Jahr bewirbt sie sich um eine Gratislehranalyse bei der WPV. 1933 wird sie außerordentliches Mitglied der WPV und eröffnet eine psychoanalytische Privatpraxis.


Am 17. Juni 1938 erfolgt die Abmeldung beim Wiener Meldeamt. Am 20. Juni nimmt Walk an einer Sitzung der Société Psychanalytique de Paris teil. Im Rahmen der darauffolgenden Geschäftssitzung beantragt sie, in die Pariser Vereinigung aufgenommen zu werden. Anfang Herbst 1939 werden sowohl ex-österreichische als auch deutsche Staatsangehörige von den französischen Behörden als »ressortissants ennemis« – als feindliche Ausländer:innen, die eine Gefahr für die nationale Sicherheit darstellen – eingestuft und 1939 und 1940 interniert. Im Sommer 1940 wird die deutschsprachige Migration in Frankreich schließlich endgültig vom Nationalsozialismus eingeholt. Für etwas mehr als 2.500 Menschen aus dem vormaligen Österreich erweist sich das als sicher geglaubte Exilland Frankreich als Sackgasse, die direkt in den Konzentrations- und Vernichtungslagern des Nationalsozialismus endet.


Es scheint Walk mit der Unterstützung Marie Bonapartes zunächst gelungen zu sein, der Internierung zu entgehen. 1942 jedoch wird sie von der Gestapo – wahrscheinlich in Südfrankreich – verhaftet. Die Umstände ihres Todes sind nicht eindeutig geklärt. Einerseits wurde behauptet, sie hätte nach ihrer Verhaftung Selbstmord begangen, andererseits steht ihr Namen auf einer Deportationsliste. Demnach wurde sie mit dem Konvoi Nr. 27 von Drancy am 2. September 1942 nach Auschwitz deportiert und dort ermordet.

Biografien

Die Biografien der geflüchteten Psychoanalytiker:innen stellen wir als PDF bereit

August Aichhorn, Anny Angel, Siegfried Bernfeld, Edward Bibring, Grete Bibring-Lehner

Bios Aichhorn - Bibring (1,0 MiB)

Berta Bornstein, Steff Bornstein- Windholzova, Dorothy Burlingham, Edith Buxbaum, Gustav Bychowski

Bios Bornstein - Bychowski (887,1 KiB)

Ludwig Eidelberg, Paul Federn, Otto Fenichel, Anna Freud

Bios Eidelberg - Freud (952,1 KiB)

Sigmund Freud, Josef Friedjung, Salomea Gutmann

Bios Freud - Gutmann (759,3 KiB)

Heinz Hartmann, Else Heilpern- Fuchs, Eduard Hitschmann

Bios Hartmann - Hitschmann (862,0 KiB)

Wilhelm Hoffer, Hedwig Hoffer- Schaxel, Ernst Paul Hoffmann

Bios Hoffer - Hoffmann (855,4 KiB)

Otto Isakower, Ludwig Jekels, Robert Hans Jokl, Ernst Kris

Bios Isakower - Kris (1,0 MiB)

Eduard Kronengold, Hans Lampl, Jeanne Lampl-de Groot

Bios Kronengold - Lampl-De Groot (884,5 KiB)

Richard Nepalleck, Annie Reich, Otto Sperling

Bios Nepalleck - Sperling (745,5 KiB)

Maxim Steiner, Erwin Stengel, Richard Sterba, Editha Sterba

Bios Steiner - Sterba (1,0 MiB)

A.J. Storfer, N. Sugar, Robert Wälder, Jenny Wälder

Bios Storfer - Wälder (808,5 KiB)

Karl Weiss (Weiß), Alfred von Winterstein

Bios Weiss - Winterstein (689,6 KiB)

Marianne Kris, Margarete Mahler- Schönberger, Anna Mänchen, Max Schur, Josefine Stross, Rosa Walk

Bios Kris - Walk (1,1 MiB)

Stefan Betlheim, Julia Deming

Bios Betlheim - Deming (656,4 KiB)

Ruth Eissler- Selke, Martin Freud, Berta Grünspan, Mary O’Neil Hawkins, Margaret Herz- Hohenberg (Margit Herz)

Bios Eissler-Selke - Herz (946,9 KiB)

Lilly Frankl, Walter Langer, Christine Mayer-Fournier (Olden), Lily Neurath, Walter Langer, Hedy Schwartz

Bios Frankl - Schwartz (1.021,2 KiB)

Isidor Silbermann, Edith Gyömröi, Tea Erdheim- Genner, Milan Morgenstern, Elizabeth Harding, Walter Hollitscher, Stephen Schönberger, Hans Herma

Bios Silbermann - Herma (1,1 MiB)

Edith Weigert- Vowinckel, Kurt Eissler, Else Pappenheim, Paul Bergmann, Elisabeth R. Geleerd- Loewenstein, Gerhart Pisk (Piers)

Bios Weigert - Pisk (1,4 MiB)

Marianne Teich, Margaret Herz- Hohenberg (Margit Herz), Ernst Schweitzer, Otto Brief

Bios Teich - Brief (899,9 KiB)

Otto Fenichel, Emmy Sylvester- Pollaczek, Theodor Reik, Géza Róheim, Michael Bálint, Alice Bálint, Lothar Rubinstein, Heinrich Israel (Henry Ezriel)

Bios Fenichel - Israel (993,2 KiB)

Liste der BPS

20-seitige Liste mit Namen von WPV-Mitgliedern und Kandidat:innen aus dem Archiv der British Psychoanalytical Society, mit handschriftlichen Einträgen u.a. von Ernest Jones. Auch Eva Rosenfeld, die 1936 von Berlin nach London emigriert war und ehrenamtlich als Sekretärin des 1938 von Jones gegründeten »Austrian Fund« wirkte – verwaltete die Liste. Die Transkriptionen der einzelnen Listeneinträge wurden von den Mitgliedern der »Arbeitsgruppe für die Geschichte der Psychoanalyse« angefertigt. Quelle: Archives of the British Psychoanalytical Society, London

Transkription

Aichhorn, August Probably staying in Vienna. (Son arrested)

Angel, Dr. Anny KatanIn Holland.

Bergler, Dr. Edmund  To America.  Has affidavit, but not sufficiently high (Frl. Freud’s List). arrived in Paris 4.6.38. Hotel Lutetia, Bvd. Raspail 43, Paris – Blonville s. Mer, „La Brigadiere“, Calvados, France.

Hotel Peter Stuyvesant, 251 Central Park West at 86th Street, N. York.[

Bernfeld, Dr. Siegfried  In California. – 61  Toledo Way, San Francisco, California.

Bibring, Dr. Edward  England? arrived in England 9.5.1938. Practising at 12 Kent Terrace, N.W. 1 Wrote twice to Hutchison re permits for work. Has got permit for 12 months. Study for British Medical qualification.

Bibring- Lehner, Dr. Grete  England? Ditto. Ditto. Same as above. See Jagelman’s letter d/d July 2 1938. – Address: 18 Bracknell Gdns. N.W.3- HAM: 7064 5683 Flat 4 Dunrobin Court 389 Finchley Rd. N.W. HAM: 4683 8 Carlton Hill, N.W. 8. Mai: 8626

Bornstein, Berta – Has affidavit. America. (Frl. Freud’s List.) Leaving. In N.Y. Apt. 11F, 27 West 96th Street, New York City.

Bornstein-Windholzova, Steff  Suggested to Dr. Fenichel in a letter d/d April 1st that Dr. Steff Bornstein should write to Dr. Kubie, inscribing name with American Consulate for Visa in meantime. Applying for affidavit America. – (Frl. Freud’s List.). Got affidavit through Edith Buxbaum. — Have written to Czech Refugee Cttee. (Miss Allern), 5 Mecklenburg Square, W.C. 1 w. permission to come here till able to sail for America 20. 3. 39.

? America Sent letter to C. S. Refugee Cttee. guaranteeing would not work during her stay here. 23. 3. 39.

Burlingham, Dorothy  Gone to Switzerland.

Rosslyn Lodge Hotel, Lyndhurst Rd. Ham: 2265. N.W.3. 19 Norfolk Rd. N.W.8. Pri: 2929 2 Maresfield Gdns., N.W. 3. HAM: 6371.

Buxbaum, Dr. Edith  In America. Since Xmas. 110 East 87th Street, New York.

Bychowski, Dr. Gustav  In Warsaw.

Eidelberg, Dr. Ludwig – Has invitation for England with seriously ill wife. (dead). Has arrived in England.  Address: c/o Dr. Rosenstein, 44 Gordon Sq, W.C.1. Perhaps Glasgow – if not America. Declined post in Glasgow – wishes to stay in London 21.6.1938. Going to Oxford at own risk.

Got permit for 12 months – 29.1.38 Study medicine 15 Bardwell Court, Bardwell Road, Oxford, Eus: 2099

Federn, Dr. Paul  Will receive invitation from Professor Holmgren of Stockholm to visit him and financial help. Invited to Switzerland. New York (Nunberg). Has affidavit c/o Dr. Paul Federn Klempner 370 239 Central Park West, New York City. 20 West 72nd Street, Apt. 708 New York.

Fenichel, Dr. Otto Received invitation from the Los Angeles Study Group as per his letter of March 29th, 1938.

Address in America – c/o Dr. Buxbaum, 110 East, 87th Street, New York City. Arrived. Address c/o Deri, 123 North Plymouth Boulevard, Los Angeles, Calif.

Freud, Anna  England. Esplanade Hotel stet 2 Warrington Crescent Abercorn 1052 Maida Vale W.9. 39 Elsworthy Road N.W.3. Pri 2940 20 Maresfield Gdns. N.W.3. HAM: 2002

Freud, Professor Sigmund. England.

Friedjung, Dr. Josef.  Probably staying in Vienna. Advised to write direct to Dr. Kubie. Money by Dr. Glover. Going to Palestine. Got affidavit (Edith Buxbaum) – Address c/o Dr. Eitingon Talbye, Jerusalem.

Gutmann, Dr. Salomea Has affidavit – America. Will marry Isakower. [unleserlich] Has married Isakower. Same notes as under Isakower.

Now Frau Dr. S. Isakower.

Hartmann, Dr. Heinz. Paris. Has left for Paris. (Frl. Freud’s Letter 25.5.38)

Arrived in Paris. Address – 18 bis rue Henri Heine, Paris XVIe. b Villa George Sand, Paris. XVIe’. Auteuil 53-93. money difficulties

Heilpern-Fuchs, Else. – not md. Has nothing yet. America. Was in Berlin in prison. anymore (poor). Wrote to Dr. Gross in Manchester see his letter of d 3.5.38. Has affidavit from Langer. Got money for 3 tickets from Edith Buxbaum.

Hitschmann, Dr. Eduard – England. New York.? Is coming to England. Sent curriculum vitae to Home Office. – Has visum for England. – Arrived in England. – 12 Fitz John’s Avenue N.W.3. Ham: 6571

22 Eyre Court N.W.8. PRI: 7350

Hoffer, Dr. Wilhelm. England. Arrive in England May 18. 1938. Address. 9 Fellows Rd. N.W.3. Pri: 1332. Wrote Mr. Hutchinson re permit. – Has got permit 28. 7. 38. Taking house at – 3 Carlton Hill, St. John’s Wood.

Hoffer-Schaxel, Hedwig.  England. Arrive in England May 18. 1938. Ditto as above. Has got permit 28. 7. 38.

302 Addison HouseGrove End Road, CUN: 5558. N. W. 8. – 17 Devonshire Place, W. I. Wel: 1293.

Hoffmann, Dr. Ernst Paul.  Psychiatrist. Belgium. (Antwerp ?) ? Brussels. Lost permit to work. Has got affidavit (Edith Buxbaum). 109 Chausée de Charleroi, Bruxelles.

26 rue du Chatelain, Bruxelles.

Isakower, Dr. Otto.  ? England. psychiatrist. Promised affidavit. – ( Frl. Freud’s List) Has married Dr. Gutmann –  Frl. Freud thinks Liverpool. has money for 1 yr. applied to U. Sec. of State for permit 23.5.38. Referred again to U. Sec. of State for permit. 13.6.38. Dto. 27.6.38. Has arrived at The Hague. 29.6.38. Arrived in London. Address 65 Greencroft Gdn. Gave him £ 50.- Got permit for 12 months to go to Liverpool. Study medicine.

13 Burbo Mansions, Burbo Bank Rd. Blundellsands, Liverpool.

Definite address 56 Rodney Street, Liverpool. (in few weeks).                                                                                                      

Jekels, Dr. Ludwig.  Invitation from Dr. Bychowski in Warsaw. America (Frl. Freud’s List) still stuck in [unleserlich] In N.Y., [unleserlich]

Jokl, Dr. Robert Hans.  Address Hotel Miralago, Castagnola – Lugano. Advised him to write to Dr. Kubie. –

Kris, Dr. Ernst. England. Arrived in England 9.5.38. 11 Kent Terrace, N.W.1. practising. Shelbourne Hotel Upper Bedford Place. Mus 9001 18 Bracknell Gardens N.W.3. HAM: 7064

Applied twice re permit to Mr. Hutchinson. Got permit for 12 months. Permission wife to study for British Medical qualification and start work. See Jagelman’s Letter of d July 2. 1938.

21 Fitzjohn’s Ave. N.W.3. HAM: 0165

31 Nottingham Pl., W.1. WEL: 1919. 9 Marlborough Hill St. John’s Wood N.W.8. PRI: 7002

 

Kronengold, Dr. Eduard  Advised to get in touch with Dr. Kubie, but if he wishes an invitation to come to England will send one. He is now in Prague – his letter of March 28th, 1938. Letter 22.4.38. – Is coming to London next week. 5.5.38 – staying at 65 Greencroft Gdens. N.W. Mai: 1719. Polish passport. Cracow. Is considering Palestine or Leeds. – Offered post in Glasgow. 21.6.38. Accepted 24.6.38.

25 Devonshire Terrace, W. 2. Tel: PAD: 3257. Will go to Glasgow. – Glasgow Royal Mental Hospital, 1055 Great Western Road, Glasgow. Hotel Belvedere. – Prague VII. Sailed for America – 26.XI.38.

Address: c/o Miss Bornstein Apt. 11 F., 27 West 96th Street, New York City.                 

Lampl, Dr. Hans  England. or Holland. arrived in Holland – address – The Hague, Belvédèreweg 11. –Haringsliet Straat, 39,Amsterdam

Lampl-de Groot, Jeanne  England. Holland. As above.

Nepallek, Dr. Richard Hungarian. Czech name. 65 pension. Gentile [unleserlich]

Reich, Dr. Annie  Advised Dr. Fenichel to notify Dr. Reich to get in touch with Dr. Kubie re affidavits. – Los Angeles. Has got her affidavits. 16. 6. 38. Prague consul gave permit.

The Franconia Hotel, 20 West 72nd street, New York City.

Sperling, Dr. Otto  Child analysis. Los Angeles. Affidavit. In USA.

Steiner, Dr. Maxim Stay in Vienna. Letter from Dr. Steiner dated April 14th in which he says he has been offered through Dr. Douglas O. Macaulay work in a Nursing Home and Hospitality for his wife, child and nephew. Dr. Macaulay applied Home Office for Permit. – Wrote Dr. Macaulay to write again to Home Office. – case urgent. – Asked Dr. Eitingon for Palestine Certificate 9.7.38

381 Finchley Road, N.W.3. HAM 5667 6557

20 Falmouth Avenue, Highams Park, E 4. Larkswood 1126

Stengel, Dr. Erwin  – psychiatrist – America. – wants England. [unleserlich]

Bristol position settled with Dr. Cassow. Have asked U. Sec. of State for permit. 23.5.38. Referred again to Under Secretary of State for permit - 13. 6. 38. Ditto 27. 6. 38. Refused permission at Bristol to study for examination. Got Visum for 12 months. – 16.7.38. Goes to Bristol Aug 10.th. Address –Dorset House, Clifton Down, Bristol 8.

Sterba, Dr. Richard. Sterba, Dr. Editha.  He is already in Switzerland. Applied for England. Malygasse 8, Basel. Now in Holland. ? S. Africa. Address: In Nymwegen u. Arnheim. – Wrote advising S. Africa; if unable to settle in Holland. Alternative Ceylon. Coming to London to see Dr. Jones. Interviewed 4.6.38. Send letter of recommendation High Commissioner of S. Africa. 27.6.38. – Written to America. Asked Dr. Matthew to send Invite + apply Home Office. Oct 7th – wrote Dec. 13. 1938.

Address: Ascona, Casa Wilfinger, Switzerland. Hopes to leave for America at end of the month. – 13.1.39

 

Storfer, A. J.  Stay in Vienna. Has sailed for Shanghai. Ad: Messrs. Molnar + Greiser, 330 Szechuan Rd., Shanghai. Sent him a cheque for £ 10. Dec. 2. 1938. – P. O. B. 4105, Shanghai, China. –

Sugar, Dr. N.  Lives in Subotica.

Wälder, Dr. Robert.  ? Boston. Landauer suggests Amsterdam. H. Deutsch – Boston? Wrote to Prof. Horkheimer on his behalf April 29. ’38. Sailed on May 31st for America. – c/o Dr. Fritz Wittels 91 Central Park West New York.

Wälder, Dr. Jenny  Boston. Ditto.

Eissler – Selke, Dr. Ruth.  America. Is on way – with husband wife of Kurt Eissler 5530 Blackstone, Chicago, Illinois.

Freud, Dr. Martin.  England. Arrived. – Cumberland Hotel. Now at Mount Royal, Marble Arch. Got introduction to Mr. Barclay of Barklay’s Bank through R. Money-Kyrle.

Grünspan, Dr. Berta  Wants South Africa. Otherwise America. Sent name + address S. African Legation in Berlin, where application for permits has to be sent. – Palestine – sent Eitingon copy of A. Freud’s letter para re Palestine. Eitingon procured of £1000 for 1 analyst. Bristol? –  Wrote to her and telling her of Palestine + that Eitingon would write to her direct. Palestine now probable (Frl. F’s Letter 25.3.38) Has affidavit for America. – 6 Nordan Street, Haifa, Palestine                                                                   

Hawkins, Dr. Mary Oneil  [unleserlich]

Herz, Dr. Margarete  Hungarian medical. Sent all particulars to Dr. Kubie. Recommended by Frl. Freud. Was born on December 28th 1898 at Levoca, Czechoslovakia – Austrian  citizen. Attended lectures on Psychoanalysis at the Vienna Institute. Didactic analysis by Dr. Ed. Hitschmann and Dr. R. H. Jokl. Associate Member of the Psycho-Analytical Society Vienna since 1925. Suggested her for post at Illinois. Refused affidavit.

Kris, Dr. Marianne  England.  Arrived in England 9.5.38. Same notes as for E. Kris.                                                                                                                                                                                                

Mahler-Schönberger, Dr. Margarete. Address: 102 W. 98th Street, New York. – sails for America on October 13th. Wants South Africa. If S. Africa impossible wants letter sent to Dr. Kubie enclosed with hers of April 28th. Send name + adress of S. Africa legation in Berlin, where permits have to be got. Letter send to Dr. Kubie. 10.5.1938. Asked [?] Hopkins for shelter. Arrived in London. Address – 20 Frognal, N.W.3. 65 Greencroft Gdns. N.W.3. at 15 Langdale Road House 3. Has second affidavit per Dr. E. Buxbaum for U.S.A.

Mänchen, Dr. Anna  Sent letter for application to Dr. Kubie. Has Visa for self and family for America. In USA: 1010 Pacific Avenue, Alameda, Calif.

Schur, Dr. Max  England. Arrives Saturday 11th June 1938. Address till Sunday June 19th. – 29 Abercorn Place, N.W.8 Tel: Maida Vale 6023. From June 20th. 115 Fellows Road, N.W. 8. Pri: 2396 –  During Day at Pri: 2929. Sent Curriculum vitae to Home Office. Applied for permits. 45 Buckland Cres., N.W.3. PRI: 2376. Has got permit. 17.9.38. From June 20th. 54 Fitzjohns Avenue N.W.3  HAM: 3146                                                                     

Stross, Dr. Josefine  England. Arrived – 19 Norfolk Road, N.W.8. Pri: 2929. Sent Curriculum vitae to Home Office. – applied for Permits. – Has git permit. 17.9.38. 45A Buckland Cres., N.W.3. PRI: 2376. 55 Belgrave Road, 145 West End Lane 145 West End Lane, N.W.6. MAI: 0129

Walk, Dr. Rosa  Paris. arrived in Paris 10.6.38. Address Hotel Montpensier, 12 rue de Richelieu, Paris 1ère. Les Glycines, 15 rue Jules Chaplain Paris 6ème. 232 Bvd. Raspail Paris XIVème.

Fenichel, Dr. Otto  Los Angeles Study Group. Leaving for America – Address there – c/o Dr. Buxbaum, 110 East 87th Street, New York. – c/o Deri, 123 North Plymouth Boulevard, Los Angeles. – Latest address: 147 North Irving Bvd., Los Angeles. – 244 Gower Street.

Sylvester-Pollaczek, Dr. Emmy.  (medical) Advised to write to Dr. Kubie, for affidavits for self and husband. Has got position in Chicago. See Dr. Alexanders letter of d Nov. 21st 1938. –

Dr. Theodor Reik  – California. Has affidavits for America. Leaves on June 2. for America. Wrote to W. Adams re lectureships for Harvard & Columbia Universities. – Great Northern Hotel, 118 West Fifty-Seventh Street N. Y. –  Edgehill Inn, Arlington Ave. 230th Street Bronx, N.Y. City.

Dr. Géza Róheim Wishes to go to Australia. Worcester State Hospital, Worcester Mass. Arrived staying at Manchester with Dr. Gross.

Bálint, Dr. M. / Balint Dr. A. – ? Wishes to got to Australia – England Manchester – Wrote to Dr. Gross. Applied Cooper for permits. Have got permits for Manchester 9. 1. 39.

Rubinstein [unleserlich]  Wishes England. More suited America S. Africa, Canada. Advised write Kubie. Sent him to Miss B. Low. –  was staying with a Dr. Macdonald. 2 Fellows Road N.W.3. [unleserlich]

Israel Ezriel  Wrote to Dr. Bibring & Dr. Kronengold for more information. Also Frl. Freud. Letter from Dr. Kronengold re Ezriel recd. – Not suitable candidate.

Weigert-Vowinckel, Dr. Edith  Going to America – arriving first week of May. Address first week in May: C/o Mr. Siegfried Peierls, 2 Park Avenue, New York City, – later on C/o Mrs. van Casteel, 1418-33rd Street N.W., Washington, D.C. Is going to communicate direct with Dr. Kubie.

Eissler, Dr. Kurt (Dr. Phil. studying medicine) 156 rue de la Pompe, Paris 16e. Wrote to Dr. Kubie recommending his application. Advised him to write direct to Dr. Kubie. Address: In USA. 5530 Blackstone, Chicago, Illinois. Got position in Chicago. See Dr. Alexander’s Letter 21.XI.38.                       

Pappenheim, Dr. Else (medical) Vienna VIII., Lederergasse 22. Wrote wishing go America. Sent letter on to Dr. Kubie and advised her to write to him direct. Thought of her for Bristol. Wrote to Frl.Freud for opinion. Not fully trained analyst. Has affidavit for America. –                            

Bergman, Paul (Dr. Phil.)  Vienna, I., Werderthorgasse 9. Wrote wishing to go to America. Sent letter on to Dr. Kubie and advised him to write to Dr. Kubie direct. Expects affidavit for Honolulu. Mr. Schmiedeberg has been asked to help him. – Is to get permission to await here before going to U. S.  Imprisoned free.      

Geleerd, Dr. Elisabeth R. (Medical)  70 Eendrachtsweg, Rotterdam. Candidate of the Vienna Institute. Wishes to come to England to finish Training under FrL. Freud before settling in Holland. Wrote to this effect. Arrived. Residing at 73 Abbey Rd. Mansions, Abbey Road. N.W.8. MAT: 7896. Seaford Lodge 2, Fellows Rd., N.W.3. Pri: 5032.

Pisk, Dr. Gerhart (Medical)  England. Training with Dr. Jeanne Lampl de Groot. Has got affidavit for America (Frl. F’s Letter 25.5.) through Dr. Dawes – Is getting married. (Letter 20.6.) P.T.O. Has affidavit for America through Dr. Dawes. Ad: c/o D.W. Schoinstein, Bruggweg 13, Arlesheim bei Basel. Advised him to send affidavit to U.S. Consul, London. Will make application for 3 months’ visum if he has affidavit.

10.10.38. Asked Dr. Adrian Stephen to apply for invitation visum.

13.10.38. Has got definite position. See Dr. Alexander’s Letter

Nov. 21st 1938. Asked Dr. Stephen to write again to Home Office 13.I.39. Dr. Stephen written to Austrian Self. Aid saying I.P.A. guarantee £ 200.-

20.4.39. Sent letter to Society of Friends – Jewish Emergency Cttee. guaranteeing £ 200.–  27.4.39.

Arrives London 22nd July 1939. Temp: Address c/o Robert Pisk, 28 South Hill Park, N.W.3.

Silbermann, Dr. I. (Med.)  Wrote to Dr. Kubie direct – wishes America. Wrote recommending him to Dr. Kubie. Has affidavit. (Edith Buxbaum) Ad: 30 Frognal Lane, N.W.3. HAM: 5791. c/o Dr. Parfill, Warwickshire + Coventry Mental Hospital, Hatton nr. Warwick.

Gyömröi, Edith Wrote direct to Dr. Kubie – see her letter dated 8. 4. 38. Hungarian quote not filled – see Kubie’s letter asked Mrs. Hopkins for shelter for her. Going to New Zealand.

Erdheim, Thea. (Med.) Sent letter of application for America. Candidate with Dr. Jeanne Lampl-de Groot. Wrote asking Frl. Freud opinion re post in Bristol. Can buy ticket for America. Cannot secure affidavit. Unmarried. Not fully trained analyst – Wrote May 11th advising finish, with Dr. Jeanne Lampl-de Groot in Holland, analysis or go direct to America. Has affidavit for America. Is going to Münsingen to study. Wrote to her 19. 9. 38

Morgenstern, Milan.  49 Tavistock Square, W.C. 1. Tel. Eus.2685. Viennese Candidate. Appointment for May 6. Is a specialist in education + psychology of mental defectives. Will not do analytical therapeutic work. Non-medical. –  Get own permit. 181 Goldhurst Terrace, N.W.6. MAI: 4946. –

Schwarz Liesl.  Candidate. Uncle promised to pay for medical education. Arrived 23. 5. 38

Address: Lewisohn. 23 Collingham Gardens, S.W. 5. Applied U. sec. of state for permit.

Has got permit for 12 month to study.

Hollitscher, Walter  Dr. of Philosphy & medical student. – Advised England. Is at present in Lausanne. Send him letter of invitation as analytical student to show to British Council. 11.5.38. Wrote U. Sec. of State re permit 27.6.38. Got permit for 12 months stay to study medicine & psychoanalysis. See Jagelman’s letter of/d 4.7.38.

24 Leinster Terrace W. 2. staying with Mme. Isaacs. Address: c/o Newmark. 6e Belsize Park Gdns. N.W.3.

Schönberger, Dr. Stephen.  Hungarian Candidate. Róheim analyzing. Advised by Rickman to send particulars see new Hungarian list.

Herma, Hans.  Doctor’s degree of Philosophy. Wishes to continue study of medicine. Send all papers to Dr. Kubie. Vienna, 16. Speckbachergasse 6/26.

Frankl, Lilly  Is doing analysis with E. Kris. Wishes to come to England to finish her analysis. Will be at least a year before she starts her control analysis.  Perhaps has a chance of getting work at the Child Guidance Council, Institute of Medical Psychology (Dr. Calver). You wrote to Frl. Freud that it was a difficult case and that you hoped she was following up her London connections (10.5.38) Heard from the Society for the Protection of Science and Learning that she had been offered a position with Gipsy Hill Training College and Mr. Adams was going to urge for a permit for her. There are also other positions in view for her. (9.6.38) Has arrived in England. c/o Newmark, 6 Belsize Gdns., N.W.3. stet.

40 York House, Turks Row, S.W.3.

Arrested.

Langer, Walter. An American doing his analysis with Frl. Freud. Research fellow for Psychology in Boston. Arrived in London. Address: 4 Florence Court, Maida Vale, W.9.

Christine Mayer-Fourneir (Olden)  Applied for England and is recommended by Dr. Fenichel as a good psycho-analyst. Hans Sachs also wrote about her. Stay in Prague. Is to be made temporary member of Swiss Society before preceding to Los Angeles. See Sarasius letter d/d 8.5.39.

Neurath, Mrs.  Secretary at the Verlag. Mr. Bayliss of Nicholson, Graham & Jones, 19 Moorgate, E.C. 2. Telephone MET: 7981 is getting her a permit. 31 Greencroft Gdns., NW MAI: 4059.

Wrote to Jagelman  re  permit to work in England. September 7th.  Has got permit. – Passport sent 17.9.38. 32 Finchley Road, N.W.3.  PRI: 1821.

Kruk, Walter, Brother of Mrs. Neurath. Still in Vienna – Address Vienna XX, Wallensteinplatz 4/3. Born in Vienna 24.V.1913. Wrote to Duncan Hall on September 9th re his immigration to Australia.  Trained in Tannery and Leather Work.

Hedy Schwartz Address: 17 Rylett Road, W.12. Psycho-Analytical Pedagogue. – Interviewed 21.9.38.  Gave Letter of Introduction to Mrs. Isaacs.

Teich, Marianne  Vienna XIII., Penzingerstrasse 125. Brother – Dr. Alfred Kalmus, 98 Gilling Court, Belsize Grove, N.W. 3. Zenner Nurse for Mrs. North (Mr. Bibring has address.)

Dr. Herz-Hohenberg  Sent £ 20 to Paris. Ack. 18.10.38. Sent £ 10 to Vally Kunstadl, 5 Gloucester Walk, W. 8. 10.10.38. Dr. Tanner has sent invitation to stay in Stockholm. Fund to finance. 9.1.39. Arrived England – Address: 277 Long Lane Hillingdon. Gave £ 15. Feb. 15.1938

Dr. Otto Brief  Letter in Box. Asked Dr. Carroll to send Invitation + ask H.O. – 21.4.39. Wrote Mrs. Mills 4.5.39 c/o Marie Brief, Olmütz, Palackystrasse 1, Moravia.                                    

Dr. Ernst Schweitzer  Here for three months en route for America. –  Analysis with Dr. Thorner. 4.5.39. – c/o S. D. Waley, Esq. 79 Brook Green, W. 6.                                   

Betlheim, Dr. Stefan  Zagreb.

Deming, Dr. Julia  Switzerland. Is American. Is at present in London. –  Has permission to attend meetings. Goes to America.

Since 13/7 406 Marlborough Street, Boston, Mass.

 

 

Weiss, Dr. Karl. – Doesn’t attend meetings. Gave letter of support for permit on condition did not practice medicine.

Arrived – Address c/o P. J. White 56 Clifton Court St. John’s Wood

Has got permit for Palestine through Mrs. Eden. 30.XI.38.

Abercorn 1187.

Winterstein, Dr. Alfred van – ? Probably stay in Vienna. Monarchist

Migration und Wohnorte

Die Wiener Psychoanalytiker:innen und die Ausgangs- und Endpunkte ihrer Flucht

“Zu meinem eigenen Erstaunen bringt mich jede Nachricht aus Wien weit mehr durcheinander, als ich es für möglich gehalten hätte. Man wird nie so endgültig mit einem Teil des eigenen Lebens fertig, wie man gedacht hätte. Ich sollte das besser als andere wissen.“

Anna Freud an Harry Freud, 1945

Adressen der Wiener Psychoanalytiker:innen 1938